Hallo,
Du triffst mit deinen Ausführungen zu deinem Inkontinenzproblem den Nagel auf den Kopf. Danke für deine Offenheit. Ich nehme deinen, und weitere Berichte/Kommentare zum Anlass, einige Details und den damit gemachten Erfahrungen aus meiner Inkontinenzversorgung zu schildern.
Für die KK ist der Krankheits-/Versorgungsbefund - zumindest was die Hilfsmittelversorgung betrifft - vollkommen unwichtig geworden. Es gilt dort nur noch die Prämisse: Leistungen kürzen wo und wie immer es geht! Wie schon in vorherigem Beitrag kurz geschildert, wurden alle meine Jahres-Verschreibungen, Atteste von der KK als „unglaubwürdig“ befunden. Selbst das eigens von der KK veranlasste MD-Gutachten mit derem Befund aber die „Glaubwürdigkeit meiner schweren Inkontinenz“ bestätigt wird, lässt meine KK nicht in ihrer ablehnenden Meinung schwanken, nach dem Motto: … weil nicht sein kann was nicht sein darf… ( Christian Morgenstern um 1900). Und
gut 100 Jahre später gilt diese Auffassung für meine KK unverändert.
Dabei scheuen die KK im Gleichklang mit ihren Versorgungspartnern nicht, nach wie vor mit unseriösen und falschen, irreführenden Angaben und Aussagen über das Saugverhalten der Vorlagen zu argumentieren. Damit stellen die KK ihre Beurteilungspositionen als alleinige Grundlage für die Versorgungsgüte der Inkontinenzpatienten dar, mit der sie dann verfügen und bestimmen. In den 5 Jahren meiner schweren Inkontinenzerkrankung habe ich inzwischen schon eine Sammlung von den skurrilsten und abnormsten Aussagen, Argumenten und Behauptungen über Einstufung und Wertung von Saugfähigkeiten in Vorlagen seitens KK und Hilfsmittelhersteller. Es mag kaum zu glauben sein, was mir da an Unsinn von „höchstkompetenten Fachstellen, Inkontinenz-Fachberatern“ schon alles erzählt wurde. Und dabei spielte es keine Rolle, ob dies sog. Fachleute von eher hochpreisigen Herstellern oder mit geringerem Preis äußerten. Alles sangen im gleichen Kanon: sparen, sparen, sparen!
Inzwischen weiß jeder der sich auch nur ein wenig mit dieser Versorgungsthematik beschäftigt, dass von den offiziell veröffentlichen Sauffähigkeits-Werten der Hersteller, und dies mit Billigung der KK , etwa zu 70% überhöht sind, dh. wird dort eine Vorlage für hohe Inkonti. Grad 3 mit einer Saugfähigkeit bis 3.000 ml ausgewiesen, so nimmt diese Vorlage in der Praxis aber nur 1/3 dieses Wertes max. auf, dh. 1.000 ml - und das aller bestenfalls unter Bedingungen der Bettlägerigkeit – einigermaßen sicher auf. Zudem wissen alle Betroffenen, dass es absolut unpraktikabel, unzumutbar ist, mit dem Gewicht einer 1.000 ml = 1 kg-Vorlage zwischen den Beinen sich zu bewegen, oder gar „mobil“ zu sein ... Warum werden diese Saugfähigkeitswerte nicht wirklich praxisnah ermittelt und dann mit deren echten Werten dargestellt? Frage nicht erwünscht, da dies das „Geschäftsmodell“ schädigen würde!
Selbst in so einem Fall würde nur eine engst umschließende Latexhose zusätzlich abdichten, was jedoch nur für einen kurzzeitigen Gebrauch sinnvoll wäre. Denn die damit verbundene hohe Schweißabsonderung in die nicht atmungsaktive Latexhose verwandelt die „Umgebung“ sehr bald in ein „Schwimmbecken“. Daher: auch nicht geeignet!
Die KK macht da keinen Unterschied in ihrer Beurteilung zur Versorgungsgüte, d.h. z.B.: Grad 3 und bettlägerig ist versorgungsgleich mit Grad 3 und mobil mit normaler Teilhabe am tägl. Leben. Warum wird das nicht geändert? Auch diese Frage nicht erwünscht!
Soviel also erst mal dieses reale Beispiel zu den von den KK nicht angepassten Versorgungsbedingungen, die immer noch als unantastbar gelten!
Ein weiterer wesentlicher Mangel-Punkt ist die unzuverlässig terminierte Versorgung mit den rezeptierten Vorlagen. Das „Pausieren“, Verzögern, Rückstellen, etc., der immer so dringend erwartenden Versorgungslieferungen – weil eh immer zu knapp bemessen - gehört zu den Mobbing-Methoden von Versorger und KK. Sobald der Patient sich erlaubt, nachzuhaken bei nicht ausreichender Versorgungsmenge, zu geringer und schwankender Vorlagen-Qualität, mangelnde Termintreue, etc., wird - und danach kann man regelrecht die Uhr stellen – umgehend an dieser „Versorgungsschraube“ gedreht. Und dies dann so lange, bis der Inkonti-Patient entnervt das Handtuch wirft und klein beigibt.
Besonders hart trifft es dann leider diejenigen, die dann aus ihren eigenen knappen Mitteln noch ständig dazukaufen müssen, oder wie bei mir 2022 und 2023, als ich 6 Monate lang ohne jegliche KK-Inkontinenz-Versorgung war, und das bei meiner hochgradigen 3 Grad- Inkontinenz. Was aber meine KK keinesfalls kümmerte, ich hätte ja nur ihrem Versorgungsvorschlag für Grad 1 = leichte Inkonti zustimmen müssen, und alles wäre dann doch gut gewesen. In diesem meinem Fall interessierte die KK ihre Versorgungsverpflichtung mir gegenüber aber so was von gar nicht, und sie entschied sich das Risiko vor dem SG-Gericht eingehen.
Mein Rechtsanwalt wird’s nun richten, und die KK wieder auf Spur bringen.
Die zunehmend ablehnende Beurteilung durch KK und Hilfsmittelhersteller solcher Einschränkungen, Behinderungen durch Inkontinenz können doch nur Menschen treffen, die selbst noch nie direkt damit konfrontiert wurden. Wäre es anders, dann läge auch mehr Verständnis und Einsicht für die permanent missliche und bedrückende Situation der Inkontinenzbetroffen und auch deren Angehörigen vor. Nicht umsonst ist für die allermeisten Betroffenen ein GdB von 50 bis 100 verzeichnet. Die von den KK und Hilfsmittelherstellern, etc., mehrheitlich organisierten und publikumswirksam gestalteten Meetings zu diesem Themenkomplex sind im Ansatz wohl lobenswert, aber im Ergebnis dann doch nur wieder bla-bla.
Alleine diese zwei Beispiele über die Willkür der KK zeigen, dass hier etwas absolut falsch läuft. Es wird allerhöchste Zeit, dass solches Vorgehen der KK der Öffentlichkeit bekannt gemacht wird. Leider sind dies keine Einzelfälle, und schon längst keine „Schönheitsfehler“ mehr, die ja mal vorkommen können. Es ist zur Methode geworden, den Anspruch, das Ansinnen des mündigen Patienten nicht mehr zu berücksichtigen. Die rigorosen, ungerechten und zeitweise auch schon fahrlässig gekürzten und/oder ausgesetzten Inkontinenz-Versorgungen sind zur traurigen Wahrheit geworden.
Meine Berichte hier sind MEINE Erfahrungen, Kenntnisse, etc., meine Inkonti-Versorgung betreffend. Ich freue mich für jeden, dem es dabei besser ging/geht als mir, und wünsche ihm dabei viel Glück, dass es auch so bleib.
Ja, es ist richtig, dass wir hier als Allgemeinheit trotz dieser Versorgungsmängel immer noch einen vergleichsweise hohen Standard in unserem Gesundheits-/Sozialwesen genießen können, Einzelfälle wie beschrieben außen vor…
Und damit es so bleiben kann ist es aber auch umso mehr notwendig, immer wieder auf diese realen und ernstzunehmenden Mängel sachlich-kritisch hinzuweisen.
ICH würde mir wünschen, dass noch mehr davon Betroffene aufstehen, ihren Ärger darüber kundtun, sich mitteilen, und aktiv, konstruktiv an einer Verbesserung der Inkontinenzversorgung beteiligen.
Alles Gute,
und immer Kopf hoch!
Gruß Rayner