Nach den Einschränkungen der letzten Monate, steht für viele Menschen der Wunsch nach Reisen, Urlaub und Erholung ganz oben auf ihrer Liste. Was aber, wenn man von einer Inkontinenz betroffen ist und wie handhabt man eigentlich die Versorgung und Mitnahme von Inkontinenzhilfsmitteln auf Reisen? Das Gute vorweg: Reisen und Inkontinenz schließen sich nicht aus!
Reiseplanung und Vorbereitung sind das A und O
Mit einer guten Reiseplanung und Reisevorbereitung steht dem ersehnten Urlaub nichts im Wege. Gerade bei stärken Inkontinenzformen oder bei der Nutzung von Hilfsmittel die Flüssigkeiten enthalten – dies ist bei Kathetern zur Selbstkatheterisierung meist so – bedarf es aber etwas Vorbereitung.
Bei aufsaugenden Hilfsmitteln stellt zumeist das zusätzlich benötigte Volumen an Reisegepäck die Herausforderung
Bei einer Reise mit dem eigenen PKW stellt sich dieses Problem meist nicht. Anders sieht dies schon bei Reisen mit der Bahn, dem Flugzeug oder Schiff aus.
Bei Reisen mit der Bahn bietet es sich an, Gepäck bereits im Vorfeld an den Urlaubsort zu versenden. Sprechen Sie Ihr Hotel oder ihren Gastgeber an. Sie müssen nicht ins Detail gehen! Sagen Sie im Fall der Rückfrage doch einfach, dass Sie medizinisches Material oder Hilfsmittel benötigen, oder erfinden sie schlichtweg einen anderen Grund. Versenden Sie in einer Reisetasche oder einem neutralen Karton, dann erkennt niemand um was für einen Inhalt es sich handelt.
Planen Sie bei einer Reise mit dem PKW ihre Route im Vorfeld gründlich. Selbst bei der besten Planung kann es allerdings zum Stau kommen, die dringend benötigte Toilette rückt in weite Ferne. Männer haben es relativ einfach. Eine Urinflasche kann relativ leicht angelegt werden. Diese gibt es im Sanitätshandel auch in speziellen und sehr kompakten und diskreten Modellvarianten, extra für die Reise oder unterwegs.
Es gibt ähnliche Hilfsmittel auch für die Frau. Die Anwendung bedarf zumeist ein wenig Übung. Testen und üben sie bereits im Vorfeld, in diskreter häuslicher Umgebung.
Denken Sie an eine wasserdichte Bettauflage. Dies erspart Ärger und Diskussionen mit dem Gastgeber, falls doch einmal etwas in der Nacht ausläuft.
Flugreisen sind problemlos möglich, bedürfen aber etwas mehr Aufwand und Vorbereitung
Bei Flugreisen, gerade wenn sie ins Ausland führen, ist dies schon etwas anspruchsvoller in der Vorbereitung und Logistik. Fluggesellschaften bieten die Mitnahme von medizinischen Sondergepäck an. Die Beförderung ist bis zu einem bestimmten Volumen und Gewicht (meist um die 10 Kilogramm) kostenfrei und kann zusätzlich zum normalen Reisegepäck befördert werden. Medizinisches Sondergepäck muss allerdings im Vorfeld angemeldet werden. Die meisten Fluggesellschaften fordern zudem ein Attest (Arzt) und eine Angabe über den Inhalt. Keine Angst! Der Arzt stellt dieses in der Regel für ein paar Euro aus und dem Mitarbeiter, der erfährt um welchen Inhalt es sich handelt, interessiert dies nun wahrlich herzlich wenig. Kopfkino ausschalten!
Die Mitnahme von Katheter Materialien ist noch einmal etwas aufwändiger. Das Problem: Meist sind Flüssigkeiten enthalten und Flüssigkeiten im Flugverkehr stellen seit Jahren ein Problem dar. Aber keine Sorge, auch in diesem Fall gelten Ausnahmeregeln bei den Fluggesellschaften. Melden sie die Mitnahme solcher Materialien ebenfalls direkt bei der Buchung ihrer Reise an. Zudem sollten sie sich unbedingt ein Attest über die Notwendigkeit vom Arzt ausstellen lassen.
Vorsicht! In den Laderäumen herrschen oft eisige Temperaturen. Dies kann sich negativ auf die Qualität und letztlich Funktion der Katheter auswirken. Deshalb empfehlen wir die Mitnahme im Handgepäck (evtl. medizinisches Sondergepäck vorher buchen). Weißen sie den Mitarbeiter bei der Sicherheitskontrolle auf ihre Hilfsmittel hin.
Tipps: Investieren sie ein paar Euros und buchen sie einen Sitzplatz in Toilettennähe. Dies ist in der Regel problemlos möglich.
Packen sie nicht alle Hilfsmittel in den Koffer. Sie können sich an ihrem Urlaubsort befinden und ihr Gepäck wurde fehlgeleitet oder stehen gelassen. Versuchen sie mindestens zwei bis drei Tage durch Vorrat im Handgepäck überbrücken zu können.
Trinkmenge einschränken? Keine gute Idee!
Unser Organismus und vor allem unser Gehirn benötigen ausreichend Flüssigkeit. Wer mit dem eigenen PKW unterwegs ist und diesen steuert benötigt Konzentration. Aber auch bei Flugreisen ist eine Reduktion nicht ratsam. Durch die veränderten Druckverhältnisse in großen Höhen, benötigt der Körper sogar mehr Flüssigkeit.
Reduzierte Flüssigkeitsaufnahme führt unweigerlich zu konzentrierten Urin. Dieser kann den Harndrang sogar steigern. Zudem erhöht sich das Risiko für Infektionen. Fazit: Passen sie lieber ihre Hilfsmittel in der Aufnahmekapazität an, statt eine Reduktion ihrer Flüssigkeitsaufnahme als guten Plan zu betrachten.
Ein Hilfsmittelpass beseitigt Sprachbarrieren
Sehr hilfreich kann ein sogenannter Hilfsmittelpass sein, den beispielsweise die Firma Coloplast kostenfrei anbietet. Dieser erklärt in verschiedenen Sprachen das Sie diese Produkte aus medizinischen Gründen benötigen. Ich bin oft gereist und hatte niemals Probleme an den Sicherheitskontrollen. Verstecken und verheimlichen sollten sie ihre Hilfsmittel aber gerade bei der Sicherheitskontrolle niemals! Dies führt zu misstrauen bei dem Mitarbeiter und kann negative Folgen haben.
Wenn es doch einmal zu wenig Hilfsmittel waren...
Innerhalb Deutschlands stellt die Hilfsmittelversorgung meist kein Problem dar. Ein Nachkauf aufsaugender Hilfsmittel ist meist problemlos möglich. Schwieriger wird dies bei ableitenden Hilfsmitteln. Zumeist sind diese aber von ihrem Volumen auch wesentlich kompakter, so dass eine ausreichende Menge an Hilfsmittel bereits beim Reiseantritt eingeplant und mitgenommen werden kann.
Bei längeren Aufenthalten können sie auch ihren Versorger im Vorfeld kontaktieren. Meist ist es möglich eine Lieferung umzuleiten, also direkt an ihre Urlaubsadresse zu senden.
Die Versorgung mit aufsaugendem Hilfsmittel ist im europäischen Ausland zumeist möglich. Ähnlich wie in Deutschland finden sich Einlagen, Vorlagen oder Windeln im Sortiment der Supermärkte.
Im Ausland heißen Apotheken oft „pharmacy“ oder „Drugstores“. Zu erkennen sind sie meist an einem grünen Kreuz auf weißen Grund, in Italien rot auf weißen Grund, im Schild an den Hausfassaden. In anderen Ländern spielt im Apotheken Symbol, ähnlich wie in Deutschland, eine Schlange eine Rolle.
Beispiele:
Mobilitätseingeschränkte stehen vor höheren Herausforderungen
Mobilitätseingeschränkte Menschen sollten bei Flugreisen bedenken, dass an Bord meist kein Bordrollstuhl zur Verfügung steht, der ein Erreichen der Toiletten ermöglicht. Zumindest ist dies bei Kurz- und Mittelstrecke nicht üblich. Mitunter kann eine Bereitstellung im Vorfeld angefragt werden. Meine Erfahrung: Meist funktioniert dies nicht. Dies sollte man bei der Hilfsmittelwahl auf Flugreisen bedenken. Ich nutze ein, bis zwei Saugstärken mehr. Sicher ist sicher.
TIPP:
In den letzten Jahren gibt es immer mehr Apps für das Smartphone, die mitunter weltweit eine Übersicht über die Standorte von öffentlichen Toilettenanlagen zeigen.
Beispielsweise die wheelmap.org
Empfehlenswert ist auch ein Euro-Toilettenschlüssel. Dieser öffnet meist in ganz Europa die Türen von öffentlichen Toiletten, meist sind es die Barrierefreien.