Intermittierender Selbstkatheterismus | ISK Katheter | Ihre Fragen von Betroffenen durch eigene Erfahrungen beantwortet.
Was ist der intermittierender Selbstkatheterismus?
Der intermittierende Selbstkatheterismus (IK oder ISK) steht für das regelmäßige und wiederholte entleeren der Blase mittels eines Einmalkatheters. Der Selbstkatheterismus ist der dauerhaften Ableitung fast immer vorzuziehen. Infektionsrisiko, Verletzungsrisiko und Spätfolgen sind gegenüber der Ableitung durch einen Blasenverweilkatheter deutlich reduziert. Der intermittierende Selbstkatheterismus (ISK Katheter) ist die beste Methode der Blasenentleerung bei neurogenen Blasenentleerungsstörungen.
Fragen zum Selbstkatheterismus
Welche Voraussetzungen müssen für die Durchführung des Selbstkatheterismus erfüllt sein?
Die Bereitschaft, Motivation, Lernbereitschaft und Lernfähigkeit sind Grundvoraussetzungen.
Eine ausreichende Feinmotorik des Armes und der Hand erleichtert das Katheterisieren. Allerdings bietet der Fachhandel eine ganze Reihe von Hilfsmittel, die ein vorhandenes Defizit der Arm- und Handfunktion ausgleichen. Zudem kann das Katheterisieren auch durch eine Fremdperson durchgeführt werden.
Wie finde ich das für mich passende Produkt für den Selbstkatheterismus?
Das ISK Katheter Produkt für Alle gibt es nicht. Deshalb bietet der Markt zahlreiche und sehr unterschiedliche Produkte. Die persönliche Situation der Anwender ist sehr unterschiedlich. Mann, Frau, mobil, immobil oder motorische Fähigkeiten und Einschränkungen sind die ersten Fragen, die sich stellen und beantwortet werden müssen. Danach richtet sich die die individuelle Produktwahl.
Ich habe Probleme beim Einführen des Katheters. Gibt es unterschiedliche Katheterspitzen?
Es gibt unterschiedliche Spitzen.
Die häufigsten sind:
- Nelaton: gerade, gerundete Spitze
- Tiemann: gebogene Spitze
- Kugelspitze: sanfte, abgerundete Kugelspitze (ermöglicht 360° Navigation um ein Hindernis).
Es stehen unterschiedliche Längen zur Verfügung. Diese reichen von 7cm bis zu 44 cm.
Manchmal hilft es, die Katheter Größe anzupassen. Diese wird in Charrière-Größen gemessen (Durchmesser, Abkürzung: CH, in den Größen CH 6 – CH 18)
Wie und wo kann ich den Selbstkatheterismus erlernen?
Arzt und Pflegepersonal können erste Ansprechpartner sein. Empfehlenswert ist die Beratung über ein Homecare Unternehmen. In diesen Unternehmen, die meist Sanitätshäusern aber auch Herstellern angegliedert sind, stehen speziell geschulte Fachkräfte zur Beratung bereit.
Diese finden in Zusammenarbeit mit dem Anwender das passendes Produkt. Dabei arbeiten sie in der Regel Hersteller unabhängig. Zudem sind sie unterstützend und begleitend in der Einweisung und Anwendung tätig. Die Fachberater stehen bei Fragen und Problemen als Ansprechpartner zur Verfügung.
Wenn gewünscht koordinieren sie auch die Zusammenarbeit zwischen behandelnden Ärzten, Pflegekräften und Therapeuten. Homecare hilft ein optimales Versorgungskonzept zu realisieren.
Warum sollte ich den Selbstkatheterismus durchführen?
Die Notwendigkeit ist abhängig von der Indikation. Diese wird im Rahmen einer ärztlichen Untersuchung und Diagnostik gestellt. Wenn sich die Blase nicht oder nur unvollständig entleert, es zu hohen Restharnmengen kommt oder Abflusshindernisse vorhanden sind, ist die Indikation gegeben.
Infektionsraten reduzieren sich bei sachgemäßer Durchführung erheblich. Zudem wird die Speicher- und Entleerungsfunktion der Harnblase gegenüber einer Dauerableitung erhalten.
Der Schutz des oberen Harntrakts, also der Nieren, ist neben der vollständigen Entleerung der Blase weiteres und eines der obersten Ziele.
Ab welchem Alter eines Kindes ist der intermittierende Selbstkatheterismus möglich?
Bei einigen Erkrankungen und Behinderungen ist die Katheterisierung bereits im Säuglingsalter nötig (Fremdkatheterismus). Dies ist häufig bei Spina bifida der Fall.
Kinder könne bereits im Vorschulalter das selbstständige (begleitete) Katheterisieren erlernen. Sofern kognitive, körperliche und motorische Voraussetzungen gegeben sind, kann das Selbstkatheterisieren angelernt werden. Dabei sollte kein Druck auf das Kind ausgeübt werden. Kinder müssen zunächst die Notwendigkeit verstehen und akzeptieren. Die Motivation kann durch die Aussicht auf Selbstständigkeit und Unabhängigkeit gefördert werden.
Fragen zur Anwendung
Muss ich bei der Anwendung und Durchführung besonders auf Hygiene beachten?
Die Genitalregion ist mit vielen Keimen und Bakterien besiedelt. Dies ist kein Zeichen mangelnder Hygiene, sondern normal. Gerade durch die Nähe zur Analregion, sind Frauen besonders gefährdet für eine Einschleusung von Bakterien und Keimen in die Harnröhre. Diese verursachen Harnwegsinfektionen und Blasenentzündungen. Hygienische Maßnahmen sind aber auch beim Mann unerlässlich.
Vor jeder Katheterisierung sollte deshalb folgendes Vorgehen unbedingt beachtet werden:
Grundsätze zum Katheterisieren
Die Hände gründlich waschen. Alle Materialien zum Kathetern sollten ausschließlich auf einer zuvor desinfizierten Ablagefläche gelegt werden. Die Verpackung des Katheters sollte unbeschädigt sein, damit die Sterilität gesichert ist. Der Katheter Fläche darf niemals direkt mit der Hand berührt werden. Wenn eine versehentliche Berührung stattgefunden hat, einen neuen Katheter benutzen. Gleiches gilt, wenn die Harnröhre verfehlt wird oder der Katheter von der Harnröhrenöffnung abrutscht.
Desinfektion bei Selbstkatheterismus der Frau:
Aufbringen einer Sprühdesinfektion direkt auf die Schamlippen und den Harnröhreneingang. Wischdesinfektion mittels Tupfer bzw. Kompressen in Schleimhautdesinfektionsmittel tränken, große und kleine Schamlippen mit je einem Tupfer oder einer Kompresse von vorne nach hinten Richtung Anus desinfizieren. Mit einen Tupfer die Harnröhrenöffnung desinfizieren.
Desinfektion bei Selbstkatheterismus des Mannes:
Sprühdesinfektion direkt auf die Eichel sprühen. Wischdesinfektion Tupfer bzw. Kompressen in Schleimhautdesinfektionsmittel tränken. Eichel, Vorhaut und Harnröhre mit jeweils einem Tupfer bzw. einer Kompresse desinfizieren.
Der Urin fließt nach Einführen des Katheters nur stockend, manchmal gar nicht.
Den Katheter nicht zu weit in die Blase schieben. Wenn der Urin fließt, kann der Katheter noch 1-2 vorgeschoben werden. Es kann helfen, den Katheter ganz vorsichtig und leicht hin und her zu drehen. Hört der Urinfluss auf, den Katheter langsam zurückschieben. Dies gewährt eine vollständige Entleerung.
In welchen Abständen bzw. in welcher Frequenz muss ich den Selbstkatheterismus durchführen?
Die Katheterisierungsfrequenz ist der Harnausscheidung und der Harnmenge anzupassen. In der Regel wird die Frequenz dem natürlichen Intervallen der Blasenentleerung angepasst. Der Selbstkatheterismus wird zumeist 4-6-mal täglich durchgeführt. Die Frequenz kann bei entsprechender Indikation sowohl niedriger als auch höher sein.
Ich habe Angst mich zu kathetern. Ist der Selbstkatheterismus schmerzhaft?
Der Selbstkatheterismus wird zu Beginn als etwas unangenehm empfunden. Schmerzen sollten nicht vorkommen. Manchmal hilft es bereits eine andere Position zum Kathetern zu finden. Wenn möglich versuchen Sie es im Sitzen, Liegen oder Stehen. Katheter niemals mit Gewalt einführen!
Mit zunehmender Erfahrung und Routine beschreiben Betroffene keinen Unterschied mehr zwischen einer natürlichen Harnentleerung und einer Entleerung mittels Katheter. Dies gilt sowohl für den zeitlichen Aufwand als auch für den Katheterisierungsvorgang selbst.
Moderne Katheter bergen bei korrekter Anwendung ein sehr geringes Verletzungsrisiko.
Kann ich mich verletzen?
Die Verletzungsgefahr ist bei modernen Kathetern sehr gering. Die Augen (Ablauföffnungen für Urin): sollten sanft und abgerundet sein. Diese dürfen nicht scharfkantig sein. Dies erfüllen die im Hilfsmittelverzeichnis geführten Katheter aber alle.
Verletzungen sind zumeist auf unsachgemäße Anwendung zurückzuführen. Der Katheter muss immer sanft, schonend und komplikationsfrei durch die Harnröhre eingeführt werden. Gebrauchsfertige Katheter vereinfachen die Handhabung. Wichtig ist das berührungsfreie Einführen, um der Gefahr von Infektionen vorzubeugen. Katheter niemals mit Gewalt einführen!
In sehr seltenen Fällen kann es zum Via Falsa Syndrom kommen. ( der Katheter durchstößt die Harnröhre und dringt ins Weichteilgewebe ein ). Auch dies kommt eigentlich nur bei unsachgemäßer Anwendung vor.
Ich habe Restharn. Hilft hier der Selbstkatheterismus?
Der intermittierende Selbstkatheterismus ist die beste Möglichkeit Restharn entgegen zu treten. Durch die regelmäßige restharnfreie Entleerung der Blase reduziert sich das Risiko von Infektionen.
Als Frau habe ich Schwierigkeiten meine Harnröhrenöffnung zu finden bzw. zu treffen
Der Fachhandel bietet einige Hilfsmittel zur selbstständigen Durchführung des intermittierenden Selbstkatheterismus der Frau. Es gibt Spiegel mit Halterung, die am Oberschenkel befestigt, einen Blick auf die Harnröhrenöffnung ermöglichen. Knie-Spreizer erleichtern die Anwendung, weil gerade bei eingeschränkter Beinfunktion beide Hände frei bleiben.
Fragen zu den Produkten
Gibt es spezielle Produkte zur Selbstkatheterisierung für die Frau?
Selbstkatheterismus Frau
In den letzten Jahren sind immer mehr Produkte für die Selbstkatheterisierung der Frau auf dem Markt erschienen. Sie werden den Ansprüchen und Bedürfnissen der Frau gerecht. Die Produkte haben gemeinsam, dass sie der im Vergleich zum Mann deutlich kürzeren Harnröhre in der Länge angepasst sind. Sie bieten neben den Anwendungsvorteilen durch ihre Kompaktheit und Verpackungseigenschaften ein hohes Maß an Diskretion.
Weitere Beispiele für Frauenkatheter:
Bildquelle: Coloplast
Bildquelle: Wellspect - Katheter mit Winkel
Gibt es spezielle Produkte für den Mann?
Auch für den Mann gibt es seit einiger Zeit spezielle Produkte.
Gibt es Produkte mit integrierten Auffangbeutel?
An vielen Kathetern kann mittels Konnektor ein Urinbeutel angeschlossen werden. Es gibt auch Komplettsysteme, bei denen der Beutel bereits integriert ist.
Der Urin wird nicht in die Toilette abgelassen, sondern in einem integrierten Beutel aufgefangen. Dies ist praktisch für unterwegs, aber auch wenn die Selbstkatheterisierung im Liegen erfolgt.
Was ist der Unterschied zwischen hydrophilen und Gelbeschichteten Katheter?
Es gibt keine Empfehlung, ob ein Katheter mit Gleitgel („Gelkatheter“) oder durch steriles Wasser und eine hydrophile Beschichtung („hydrophiler Katheter“) vorteilhafter ist. Mentalität und Gewohnheiten unterscheiden sind.
Weiterführende Informationen
Wo finde ich weiteres Informationsmaterial zum Selbstkatheterismus?
Alle Hersteller bietet ein breites Repertoire an Informationsmaterialien und Informationsbroschüren. Diese können kostenfrei über die Webseiten der Hersteller bezogen werden. Die Webseiten der Hersteller bieten darüber hinaus sehr umfangreiche Information.
Kann ich meine Katheter auf Reisen, speziell beim Fliegen, mitnehmen?
Diverse Hersteller bieten einen sogenannten Hilfsmittelpass. Damit kann an der Gepäckkontrolle am Flughafen die Notwendigkeit bescheinigt werden. Zumeist sind diese Atteste in verschiedenen Sprachen verfasst. Sie erklären, dass der Inhaber Verwender von Inkontinenzhilfsmitteln ist und welche das sind. Der behandelnde Arzt kann die medizinischen Versorgungsartikel direkt auf dem Hilfsmittelpass bestätigen.
Eine kostenfreie Bestellmöglichkeit:
HilfsmittelPass der Firma Coloplast: Hilfsmittel Pass für die Mitnahme von Inkontinenzhilfsmittel auf Reisen (Sicherheitskontrolle)
Katheter gehören ins Handgepäck der Kabine, weil die Temperaturschwankungen im Laderaum teilweise erheblich sind.
Anwendungsvideos zum Selbstkatheterismus bei Frauen, Männern, Kinder und Rollstuhlfahrer:
Coloplast: Anwendungen | Videos - Selbstkatheterismus für Männer, Frauen und Kinder
https://www.coloplast.de/kontinenzversorgung/anwendungsanleitungen/
Übersicht Anleitungen Sanabelle | Fresenius Kabi
https://erleichtert-durchs-leben.de/isk-anleitung
Wellspect: Einführung in den intermittierenden Selbstkatheterismus (ISK)
https://www.wellspect.de/blasenmanagement/uber-die-isk/intermittierender-katheterismus
Hollister: Anleitung und Übersicht Infyna Chic
https://www.hollister.de/de-de/infynachic
Einmalblasenkatheter für den intermittierenden Selbstkatheterismus (ISK)
Quellen:
Experten in eigener Sache! Die Inkontinenz Selbsthilfe e.V. betreibt seit 14 Jahren ein Selbsthilfeforum zum Thema Selbstkatheterismus. Unzählige Erfahrungsberichte von Anwendern. Fragen und Antworten von Betroffenen.
Leitlinie: Der intermittierende Katheterismus
Selbstkatheterismus – Ihre Fragen werden umfassend beantwortet – Erfahrungsberichte | Erfahrungsaustausch. Betroffene berichten und helfen.
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