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GdB/MdE-Tabelle: Harnorgane

20 Nov 2006 01:32 #1 von Matti
Gemeinsame Grundsätze: GdB/MdE-Tabelle, Nummer 26.12: Harnorgane

Dokumentart: Graue Literatur
Autor: k. A.

In: Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit
Herausgeber: Bundesministerium für Arbeit und Soziales - BMAS
Eigenverlag / Bonn 2005 S. 87-92

Die Beurteilung des GdB/MdE-Grades bei Schäden der Harnorgane richtet sich nach dem Ausmaß der Störungen der inkretorischen und exkretorischen Nierenfunktion und/oder des Harntransportes, das durch spezielle Untersuchungen (siehe Nummer 8 Absatz 4) zu erfassen ist.

Daneben sind die Beteiligung anderer Organe (z.B. Herz/Kreislauf, Zentralnervensystem, Skelettsystem), die Aktivität eines Entzündungsprozesses, die Auswirkungen auf den Allgemeinzustand und die notwendige Beschränkung in der Lebensführung zu berücksichtigen.

Unter dem im Folgenden verwendeten Begriff Funktionseinschränkung der Nieren ist die Retention harnpflichtiger Substanzen zu verstehen.

NIERENSCHÄDEN

Verlust, Ausfall oder Fehlen einer Niere bei Gesundheit der anderen Niere: 25

Nierenfehlbildung (z.B. Erweiterung des Nierenhohlsystems bei Ureterabgangsstenose, Nierenhypoplasie, Zystennieren, Nierenzysten, Beckenniere), Nephroptose
- ohne wesentliche Beschwerden und ohne Funktionseinschränkung: 0-10
- mit wesentlichen Beschwerden und ohne Funktionseinschränkung: 20-30

Nierensteinleiden ohne Funktionseinschränkung der Niere
- mit Koliken in Abständen von mehreren Monaten: 0-10
- mit häufigeren Koliken, Intervallbeschwerden und wiederholten Harnwegsinfekten: 20-30

Nierenschäden ohne Einschränkung der Nierenfunktion (z.B. Glomerulopathien, tubulointerstitielle Nephropathien, vaskuläre Nephropathien), ohne Beschwerden, mit krankhaftem Harnbefund (Eiweiß und/oder Erythrozyten-bzw. Leukozytenausscheidung): 0-10

Nierenschäden ohne Einschränkung der Nierenfunktion, mit Beschwerden- rezidivierende Makrohämaturie, je nach Häufigkeit: 10-30
- nephrotisches Syndrom kompensiert (keine Ödeme): 20-30
- dekompensiert (mit Ödemen): 40-50
- bei Systemerkrankungen mit Notwendigkeit einer immunsuppressiven Behandlung: 50

Verlust, Ausfall oder Fehlen einer Niere bei Schaden der anderen Niere, ohne Einschränkung der Nierenfunktion, mit krankhaftem Harnbefund: 30

Nierenschäden mit Einschränkung der Nierenfunktion

Eine geringfügige Einschränkung der Kreatininclearance auf 50-80 ml//min bei im Normbereich liegenden Serumkreatininwerten bedingt keinen messbaren GdB/MdE-Grad.

Nierenfunktionseinschränkung
- leichten Grades (Serumkreatininwerte unter 2 mg/dl [Kreatininclearance ca. 35 50 ml//min], Allgemeinbefinden nicht oder nicht wesentlich reduziert, keine Einschränkung der Leistungsfähigkeit): 20-30
(Serumkreatininwerte andauernd zwischen 2 und 4 mg/dl erhöht, Allgemeinbefinden wenig reduziert, leichte Einschränkung der Leistungsfähigkeit): 40
- mittleren Grades (Serumkreatininwerte andauernd zwischen 4 und 8 mg/dl erhöht, Allgemeinbefinden stärker beeinträchtigt, mäßige Einschränkung der Leistungsfähigkeit): 50-70
- schweren Grades (Serumkreatininwerte dauernd über 8 mg/dl, Allgemeinbefinden stark gestört, starke Einschränkung der Leistungsfähigkeit, bei Kindern keine normalen Schulleistungen mehr): 80-100

Verlust, Ausfall oder Fehlen einer Niere mit Funktionseinschränkung der anderen Niere- leichten Grades: 40-50
- mittleren Grades: 60-80
- schweren Grades: 90-100

Notwendigkeit der Dauerbehandlung mit Blutreinigungsverfahren(z.B. Hämodialyse, Peritonealdialyse): 100

Bei allen Nierenschäden mit Funktionseinschränkungen sind Sekundärleiden (z.B. Hypertonie, ausgeprägte Anämie [Hb-Wert unter 8 g/dl], Polyneuropathie, Osteopathie) zusätzlich zu bewerten; sie sind bei Kindern häufiger als bei Erwachsenen.

Nach Nierentransplantation ist eine Heilungsbewährung abzuwarten (im Allgemeinen zwei Jahre); während dieser Zeit ist ein GdB/MdE-Grad von 100 anzusetzen. Danach ist der GdB/MdE-Grad entscheidend abhängig von der verbliebenen Funktionsstörung; unter Mitberücksichtigung der erforderlichen Immunsuppression ist jedoch der GdB/MdE-Grad nicht niedriger als 50 zu bewerten.

Nach Entfernung eines malignen Nierentumors oder Nierenbeckentumors ist eine Heilungsbewährung abzuwarten.

GdB/MdE-Grad während einer Heilungsbewährung von zwei Jahren- nach Entfernung eines Nierenzellkarzinoms (Hypernephrom) im Stadium T1 N0 M0 (Grading G1): 50
- nach Entfernung eines Nierenbeckentumors im Stadium Ta N0 M0 (Grading G1): 50

GdB/MdE-Grad GdB/MdE-Grad während einer Heilungsbewährung von fünf Jahren
* nach Entfernung eines Nierenzellkarzinoms (Hypernephrom) mit Entfernung der Niere
- im Stadium T1 (Grading ab G2), T2 N0 M0: 60
- in anderen Stadien: wenigstens 80
* nach Entfernung eines Nierenbeckentumors einschließlich Niere und Harnleiter
- im Stadium T1-2 N0 M0: 60
- in anderen Stadien wenigstens: 80
* nach Entfernung eines Nephroblastoms
- im Stadium I und II: 60
- in anderen Stadien: wenigstens 80

SCHÄDEN DER HARNWEGE

Chronische Harnwegsentzündungen (insbesondere chronische Harnblasenentzündung)
- leichten Grades (ohne wesentliche Miktionsstörungen): 0-10
- stärkeren Grades (mit erheblichen und häufigen Miktionsstörungen): 20-40
- chronische Harnblasenentzündung mit Schrumpfblase (Fassungsvermögen unter 100 ml, Blasentenesmen): 50-70

Bei den nachfolgenden Gesundheitstörungen sind Begleiterscheinungen (z.B. Hautschäden, Harnwegsentzündungen) ggf. zusätzlich zu bewerten.

Entleerungsstörungen der Blase (auch durch Harnröhrenverengung)
- leichten Grades (z.B. geringe Restharnbildung, längeres Nachträufeln): 10
- stärkeren Grades (z.B. Notwendigkeit manueller Entleerung, Anwendung eines Blasenschrittmachers, erhebliche Restharnbildung, schmerzhaftes Harnlassen): 20-40
- mit Notwendigkeit regelmäßigen Katheterisierens, eines Dauerkatheters, eines suprapubischen Blasenfistelkatheters oder Notwendigkeit eines Urinals, ohne wesentliche Begleiterscheinungen: 50
Nach Entfernung eines malignen Blasentumors ist eine Heilungsbewährung abzuwarten.

GdB/MdE-Grad während einer Heilungsbewährung von zwei Jahren
- nach Entfernung des Tumors im Frühstadium unter Belassung der Harnblase (Ta-1 N0 M0, Grading G1): 50

GdB/MdE-Grad während einer Heilungsbewährung von fünf Jahren
- nach Entfernung im Stadium Tis: 50
- nach Entfernung in den Stadien T2-3a N0 M0: 60
- mit Blasenentfernung einschließlich künstlicher Harnableitung: 80
- nach Entfernung in anderen Stadien: 100

Harninkontinenz
* relative
- leichter Harnabgang bei Belastung (z.B. Stressinkontinenz Grad I): 0-10
- Harnabgang tags und nachts (z.B. Stressinkontinenz Grad II-III): 20-40
* völlige Harninkontinenz: 50
- bei ungünstiger Versorgungsmöglichkeit: 60-70
- nach Implantation einer Sphinkterprothese mit guter Funktion: 20

Harnröhren-Hautfistel der vorderen Harnröhre bei Harnkontinenz: 10

Harnweg-Darmfistel bei Analkontinenz, je nach Luft- und Stuhlentleerung über die Harnröhre: 30-50

Künstliche Harnableitung (ohne Nierenfunktionsstörung)
- in den Darm: 30
- nach außen mit guter Versorgungsmöglichkeit: 50
- sonst (z.B. bei Stenose, Retraktion, Abdichtungsproblemen): 60-80

Darmneoblase mit ausreichendem Fassungsvermögen, ohne Harnstau, ohne wesentliche Entleerungsstörungen: 30


Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit:

http://www.bmas.bund.de/BMAS/Redaktion/ ... b=true.pdf
(pdf, 1.3 MB)
http://pdf.bmgs.comspace.de/bmgs/temp/d ... /start.htm
(html)

Bezug: Bundesministerium für Arbeit und Soziales - BMAS
Referat Information, Publikation, Redaktion
Postfach 500
53107 Bonn
Telefon: 0180 5151510
Telefax: 0180 5151511
info@bmas.bund.de
http://www.bmas.bund.de

Schreibtelefon/Telefax für Gehörlose und Hörgeschädigte:
Schreibtelefon: 01805 996607
Telefax: 01805 221128
info.gehoerlos@bmas.bund.de
info.deaf@bmas.bund.de

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20 Nov 2006 06:34 #2 von mehlbox2001
... danke, Matti, der Link ist schon weitergeleitet, du weißt, an wen ;-)

Andreas

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06 Feb 2007 09:21 #3 von welute
Der Beitrag ist ja schon etwas älter aber trotzdem immer von Interesse.

Ein kleiner Hinweis:

Wenn zum Beispiel für Prostatakrebs am Anfang 80% gegeben werden, kommt nach 5 Jahren aufgrund der Heilungsbewährung eine Reduzierung auf 40%. Das ärgert viele.

Aber einen GdB bekommt man nicht für eine Diagnose, sondern für die Einschränkung!
Wenn man nach einer Prostataoperation nach 5 Jahren immer noch inkontinent und gegebenenfalls impotent ist, muss man das auf jeden Fall angeben. Die zu verheimlichen, warum auch immer, kostet Punkte.

Man bekommt zwar wegen der OP und der damit verbundenen Heilung die 40%, aber aufgrund der dauernden Einschränkungen bekommt man weiterhin zusätzliche Prozente, so dass man in der Regel wieder über einen GdB von 50% kommt.

Entsprechendes gilt natürlich auch für andere Erkrankungen.

Oft wird hier im Forum auch eine Inkontinenz aufgrund sexueller Übergriffe in der Kindheit/Jugend angesprochen.
In diesem Fall darf der GdB für die Seele nicht unterschätzt werden.

Mit 10% (dies ist oft die Regel) ist dies nicht abzudecken.
Zusätzlich gibt es die Möglichkeit sich über die Opferstelle eine Erwerbsminderung zu bekommen. Wenn man z.B. einer Erwerbsminderung als Opfer von 50% bekommt, richtet sich der GdB danach.

So ist es in einem Fall passiert:

Eine Frau hat einen Antrag an das Versorgungsamt gestellt:

Seelische Einschränkung: 10%
Wirbelsäule: 30%
Gesamt 30%

Im Gespräch mit dem Anwalt für Sozialrecht stellte sich heraus, dass die Frau extreme Probleme aufgrund Missbrauch in der Kindheit hatte.
Dies wurde zwar mal beim Jugendamt festgehalten, aber nie rechtlisch verfolgt (wie so oft).

Daraufhin wurde die Frau noch mal zum Psychologen geschickt.
Nun wurde ein Antrag bei der Opferstelle gestellt und sie bekam eine Erwerbsminderung von 50%. Damit auch einen GdB von 50% automatisch.

Wie man an diese Opferstelle kommt, weiss ich nicht - aber vielleicht kann ein anderer weiterhelfen.

Soviel erst mal dazu

Gruß

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30 Mär 2009 11:45 #4 von Resi
Meine Frage wäre,warum hat Versorgungsamt meine Blasenerkrankung nicht anerkannt.Bei mir wurde 2003 Neuromodulator (Blasenschrittmacher)mit zwei Foramenelektroden S3 zwecks Behandlung nicht neurogenen Detrusorhyperaktivität mit ausgeprägter Dranginkontinenz.Durch das ganze Leide ich auch an eine Chronische Blasenentzündung.Alles schränkt mich im Leben sehr ein.Versorgungsamt hat mein Leiden nicht Anerkannt und bekomme auch darauf keine Prozente,frage mich warum nicht.Hat jemand damit erfarung,Bitte um Hilfe.

Liebe Gruß
Resi :cry:

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31 Mär 2009 19:56 #5 von Matti
Resi,

mein Ratschlag: Bei nicht nachvollziehbarer Ablehnung immer Widerspruch einlegen. Alternativ: Neubegutachtung

Hätte ich dies nicht getan, würde ich wahrscheinlich noch immer bei 70% "rumdümpeln". Mir hatte man zunächst einige Merkzeichen nicht anerkannt. Begründung: Ich hatte sie nicht expliziet beantragt.


Gruß

Matti

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07 Okt 2010 14:03 #6 von ruthelisabeth
kurze frage im jahre 2010; gilt diese tabelle -so wie im eingangsposting aufgelistet- noch immer ?
dann müßte ich nämlich glattweg einspruch zu meiner bemessung einlegen . . . :wink:

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07 Okt 2010 18:48 #7 von Sebald
Hallo Ruthelisabeth,

die Bemessungsgrundlage und die Werte gelten immernoch! Eine Antrag auf Neufeststellung kannst Du sicher stellen... - inzwischen sind die Ämter aber recht knauserig in der Zuteilung der Grade - jedenfalls soweit ich sehe. Was der Arzt meint, was man so bekommen könnte, und was das Amt dann letztlich bescheidet - da gibt es doch erhebliche Unterschiede.

Wichtig für einen Neuantrag wäre die Schilderung, wie sich Deine Erkrankung wirklich 'behindernd' auswirkt. Die Diagnose gibt dann ja der angefragte Arzt.

Schönste Grüße,
Sebald

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08 Okt 2010 10:13 #8 von Matti
Hallo,

ich gebe Sebald recht, die Anhaltspunkte sind nach wie vor die Gleichen.

Allerdings sind es eben auch nur ANHALTSPUNKTE, sie sind nicht verbindlich. Etwas ganz entscheidenes darf nicht vergessen werden: Die Grade der Behinderung (es sind nämlich keine Prozente!) können nicht einfach addiert werden. Teilweise heben sich unterschiedliche Beschwerden gegeneinander auf bzw. wird ausschließlich der höhere Wert einer Einzelbehinderung für die Gesamtbehinderung angesetzt.

Je nach Erkrankung (bei Krebs sehr häufig) wird der GdB zeitlich begrenzt, man spricht von der sogenannten Heilbewährung. Meist wird nach 5 Jahren erneut geprüft und nicht selten reduziert.

Grundsätzlich kann eine erneute Überprüfung (Widerspruch) nicht schaden, solange du subjektiv einen deutliche Zunahme der Behinderung bzw. Verschlechterung deines Gesundheitszustandes feststellen kannst. Ansonsten kann der "Schuß" auch nach hinten losgehen.


Gruss

Matti

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08 Okt 2010 12:44 #9 von Jens Schriever ✝
Hallo Ruthelisabeth

Hier noch ein Zusatz, einen GdB bekommt man nicht auf die Diagnose, sondern auf die tatsächliche Einschränkung im täglichen leben. Diese hängt von vielen Faktoren ab, wie z.b. Alter und Nebenerkrankungen. Wie Sebald schon schrieb, ist eine Schilderung deiner täglichen Einschränkung durch die Krankheit sehr wichtig.



Gruß Jens

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21 Dez 2014 22:46 #10 von Datrehlein
Hallo hier mal ne Frage. Mein Antrag auf Feststellung des GdB von 2012 erst mit 20 und jetzt nach zwei Jahren mit sage und schreibe 30 beziffert. Ich arbeite wie ihr wisst als Servicefahrer und habe eine Harninkontinenz vierten Grades und Arthrose in den Knien ebenfalls vierten Grades. In den Widerspruch kann ich ja so nicht noch einmal gehen aber was kann ich weiter tun? Mit diesem GdB bin ich nicht einverstanden. Gesunde Kollegen arbeiten für das gleiche Geld unter den selben Bedingungen nur haben sie es wesentlich leichter. Vielleicht habt ihr ja einen Tip.

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