Andorn - Marrubium vulgare
Familie Lippenblütler, Lamiaceae
Der gewöhnliche Andorn ist eine uralte Heilpflanze, deren Verwendung bis in die Jungsteinzeit 4000 v. Chr. zurückverfolgt werden kann. Entsprechend vielfältig sind seine Volksnamen wie Helfkraut, Feeweibel, Alte Weiber, Brustkraut, Lungenkraut, welche bereits auf die Anwendung als helfendes Kraut bei Bronchitis und anderen Lungenerkrankungen hinweist.
Aber seine Heilkraft erstreckt sich darüber hinaus auf die Verdauungsorgane und bei äußerlicher Anwendung auch bei Ekzemen. Seine Eigenschaften bei innerlicher Anwendung sind appetitanregend, harntreibend, magenstärkend, hustenstillend und reichen von Verwendung bei Appetitlosigkeit, Bronchitis, Nebenhölenentzündungen, Rachenentzündungen, Asthma, Blähungen und noch viel mehr.
Der botanische Gattungsname leitet sich aus dem Häbräischen von mar für bitter und rob für viel ab und beschreibt trefflich den sehr bitteren Geschmack des frischen Saftes aus seinen Blättern, aber auch des Tees aus getrockneten Blättern und Blüten. Der Artbeiname vulgare bedeutet gewöhnlich.
Im Englischen heißt er „horehound“ und die Etymologie ist umstritten. Manche Quellen beziehen sich auf eine Ableitung von der Verwendung des Andorn als „antidote to bite of a mad dog“, andere verweisen auf den Namen „Seed of Horus“ der alten Ägyprischen Priester und leiten den Namen von Horus, dem Ägyptischen Sonnenkönig ab.
In der germanischen Mytologie wird ein von Donars Blitz getroffenes Pflanzenwesen beschrieben, welches den Tod eines ungläubigen Menschen verhindert hat und so würde die Kraft des Blitzes im Andorn stecken.
Auch die Herkunft des deutschen Namens ist umstritten, die einen meinen, er leite sich von „ohne Dornen“ ab und damit würde eine Pflanze beschrieben werden, die ähnlich wie eine Nessel oder Brennessel aussähe, aber keine Dornen, schmerzenden Brennhaare hat, die anderen meinen, dass sich die dornigen Anhänge der Fruchtstände an Tieren festheften und so zur Verbreitung beitragen.
Eine derart alte Heilpflanze, um die sich zahlreiche Mythen und damit verbundene Wortbedeutungen ranken, kann freilich auf eine lange Erfahrung der medizinischen Verwendung zurückblicken und heute ist die Heilkraft auch wissenschaftlich belegt. Der wichtigste Wirkstoff ist das Marrubin, ein Diterpenlacton der Labdanreihe. Marrubin regt, wie auch andere Bitterstoffe, die Gallenproduktion und die Wassersekretion der Bronchialmukosa an.
Andorn wächst an Ruderalstellen und Wegrändern, auf Schuttplätzen und in der Nähe von Stallungen, ist aber in freier Wildbahn nur noch selten anzutreffen. Er lässt sich jedoch leicht kultivieren und ist fixer Bestandteil eines Heilkräutergartens.
Er findet Verwendung als frisch gepresster Blättersaft im Frühling, als Tee aus den getrockneten Blättern und Blüten im Sommer, für Umschläge und als Räucherware. Beim Räuchern soll er angespannte Stimmung unter Menschen in einem Raum lösen.
Die Arzneidroge der getrockneten Blätter und Blüten ist in jeder Apotheke unter dem Drogennamen „Marrubii herba“, Andornkraut geschnitten, erhältlich.
Bei Beschwerden mit Husten, Erkältung oder Verdauung nehme ich ein bis zwei Teelöffel für eine Tasse Tee und lasse den Aufguss 10 Minuten ziehen. Schluckweise getrunken gewöhnt man sich sehr rasch an den wohlig bitteren Geschmack. Man kann auch einen Hustensaft herstellen, indem man 1 ½ Tassen Wasser mit 1 Tasse Andornkraut kocht, 10 Minuten ziehen lässt, dann abgießt und ¾ Tasse Honig darin auflöst. Diesen Sirup kann man eine Zeit im Kühlschrank lagern und man nimmt im Bedarfsfall 2 Teelöffel 2x am Tag, maximal eine Woche lang.
Hildegard von Bingen empfiehlt einen Andorn-Kräuterwein aus Fenschelsamen, Dillkraut, Königskerzenblüten und Andornkraut mit Wein gekocht bei grippalen Infekten und Fieber.
Wie bei allen Arzneipflanzen ist der Einsatz mit Bedacht zu wählen, eine länger andauernde Einnahme (eine Woche bis 14 Tage) ist zu vermeiden und auf mögliche Nebenwirkungen zu achten. Bei anderen vorliegenden Erkrankungen oder Einnahme von anderen Medikamenten soll eine Rücksprache mit Arzt und Apotheker gehalten werden. Überdosierung kann zu Herzrhythmusstörungen führen, in der Schwangerschaft und während des Stillens darf Andorn nicht eingenommen werden.
Johannes