Ich bin auf ein zumindest mich überraschendes Urteil des BSG (Bundessozialgerichts) gestoßen.
URTEIL Az: 3 RK 12/96
Verkündet am 6. Februar 1997
Eine wegen einer spastischen Lähmung auf einen Rollstuhl angewiesene Frau klagte gegen ihre Betriebskrankenkasse (BKK der Freien und Hansestadt Hamburg). Der Rechtsstreit ging um die Frage, ob die beklagte Krankenkasse (KK) gemäß § 33 Abs 1 Sozialgesetzbuch – Fünftes Buch (SGB V) auch für den Strom zum Wiederaufladen des Akkumulators („Akkus“) im Elektrorollstuhl der Klägerin aufzukommen hat.
Die Beklagte (KK) lehnte den Antrag der Klägerin ab, da die Übernahme von Aufladekosten nicht zu ihren Leistungen gehöre.
Während das Sozialgericht die Beklagte dazu verurteilte, die für den Betrieb des Rollstuhls entstandenen und entstehenden Stromkosten zu tragen, hob das LSG das Urteil wieder auf und wies die Klage ab mit der Begründung: Hilfsmittel iS des § 33 Abs 1 SGB V könnten nur Sachen sein, nicht aber Elektrizität. Es handele sich ferner um Kosten der allgemeinen Lebenshaltung, die von der Krankenversicherung nicht zu übernehmen seien.
Im Revisionsverfahren vor dem Bundessozialgericht wurde klargestellt, dass der Anspruch der Klägerin auf Versorgung mit dem Hilfsmittel „Elektrorollstuhl mit Akku“ auch die Versorgung mit der zum Wiederaufladen des Akkus erforderlichen Elektrizität bzw auch die Erstattung entsprechender Stromkosten umfasst.
Nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs 4 SGB V ausgeschlossen sind. Der Anspruch umfaßt nach Satz 2 der Vorschrift auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln sowie die Ausbildung in ihrem Gebrauch.
Auch der Einwand der KK, dass sie allenfalls erst ab Antragstellung auf Erstattung der Stromkosten dafür aufzukommen habe, wurde abgewiesen, da nach Ansicht des Gerichts bereits mit dem Antrag auf das Hilfsmittel selbst, hier also der Elektrorollstuhl, die Betriebskosten per se beantragt sind, da die Klägerin auf die Einsatzfähigkeit des Rollstuhls angewiesen ist (§ 13 Abs 3, 1. Alternative SGB V).
Soweit zum Betrieb eines Gerätes, das als Hilfsmittel geleistet wird, auch eine Energieversorgung gehört, ist diese ebenfalls von der Krankenkasse zu übernehmen.
Es bestehen auch in technischer oder abrechnungsmäßiger Hinsicht für eine Kostenübernahme durch die Beklagte keine unüberwindbaren Hindernisse. So läßt sich daran denken, dass die Beklagte für die Klägerin einen besonderen Stromanschluß mit eigenem Zähler installieren läßt, der nur zum Aufladen des Rollstuhlakkus dient. Sofern dies einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern sollte, kann es der Beklagten im Rahmen der ihr obliegenden Wirtschaftlichkeitserwägungen unter Umständen auch nicht verwehrt sein, die durchschnittlichen monatlichen Kosten zu ermitteln und der Klägerin pauschal zu erstatten. Das grundsätzliche Sachleistungsgebot schließt das nicht aus (vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 11 zu den Kosten einer Haftpflichtversicherung).
Wörtliche Wiedergabe von Textstellen aus dem Urteil sind hier kursiv kenntlich gemacht.