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Ausweis beantragen

21 Apr 2021 18:34 #1 von Penny
Hallo,
ich habe mal eine Frage bezüglich eines Behindertenausweis.
Ich trage seit 2015 zwei Blasenschrittmacher da ich eine neurogene Blase habe mit Harnverhalt. Vor 3 Wochen wurden beide Blasenschrittmacher ausgetauscht. Ich Kathetere mich zusätzlich noch drei mal am Tag selbst.
Im Krankenhaus wurde mir gesagt ich könnte deshalb einen Behinderten-Ausweis beantragen.
Hat irgend jemand Erfahrung damit?
Über eine Antwort wäre ich sehr dankbar

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21 Apr 2021 20:09 - 21 Apr 2021 20:31 #2 von stephanw
Hallo Penny,

ja, bin selbst schwerbehindert mit einem GdB von 70, u.a. völlige Inkontinenz / Impotenz / Erektile Dysfunktion / Prostatadenom mit einem Einzel-GdB von 50 und Depression / Somatisierungsstörung mit einem Einzel-GdB von 40. Dazu noch ein paar "kleinere" Schäden: LWS Schäden mit einem Einzel-GdB von 10 und Restless Legs Syndrom mit GdB von 10. Es ist nicht immer ganz nachvollziehbar wie der GdB berechnet wird, aber grob kann man sagen: Haupt GdB + die Hälfte der kleineren GdB. Ein Einzel-GdB von 10 wird bei der Bildung des Gesamt-GdB komplett ignoriert, ein Einzel-GdB 20 wird meistens ignoriert. "Interessant" wird es also ab einem Einzel-GdB von 30, da der immer erhöhend auf den Gesamt-GdB wirkt.

In den versorgungsmedizinischen Grundsätzen ist festgeschrieben, welche Einzel-GdBs bei Schädigungen vergeben werden:
www.bmas.de/DE/Service/Publikationen/k71...chtertaetigkeit.html

Den Antrag kannst Du eigentlich ganz einfach stellen: gehe zu Deinem Versorgungsamt, das ist oftmals im Landratsamt. In Bayern ist das ZBFS (Zentrum Bayern Familie und Soziales) zuständig. Meistens, zumindestens hier in Bayern, kann man den Antrag auch online stellen. Du musst ein Formular ausfüllen und aktuelle Befunde beifügen, wie auch ein Foto. Das ganze geht dann ans Amt.

Nach ein paar Wochen bekommst Du dann einen Bescheid mit dem Ergebnis. Ich habe im letzten Jahr zwei Anträge gestellt (Erstantrag und Verschlechterungsantrag) und bin bei beiden mit Hilfe des VdK in das Widerspruchsverfahren gegangen. Ich empfehle dringend eine Mitgliedschaft beim VdK, da kannst Du recht günstig rechtlichen Beistand kriegen, wenn das Ergebnis nicht so ausfällt wie von Dir erwartet. Oder wenn Du eine Rechtschutzversicherung hast greift die auch meistens bereits im Widerspruchsverfahren.

Beide meiner Widersprüche waren mit Erfolg, der GdB des Bescheids wurde im Widerspruchsverfahren jeweils angehoben:
Erstantrag: GdB von 40 auf 50
Verschlechterungsantrag: GdB von 60 auf 70

Da die ärztlichen Befunde meist einen starken Fokus auf die Diagnosen haben, aber nicht wie stark dich die Behinderung einschränkt, empfehle ich eigene Stellungnahmen beizufügen, die Dein Umgang mit der Behinderung im Alltag genau beschreibt. Das habe ich immer von meinen Ärzten gegenzeichnen lassen, mit einer Bestätigung des Arztes das sich die subjektiven Darstellungen aus objektiver ärztlicher Sicht nachvollziehbar sind. Das hat im Widerspruchsverfahren immer den Anstieg gebracht.

Den Ausweis kriegst Du ab einem Gesamt GdB von 50, was bei Deinen Vorschäden realistisch sein sollte. Auf Merkzeichen (wie G oder aG) kannst du eher nicht hoffen, also kein Parkausweis.

Hier findest Du eine Übersicht, welche Nachteilsausgleiche die jeweiligen GdB Stufen bringen:
www.betanet.de/files/pdf/nachteilsausgleiche-gdb.pdf

Die Behindertenpauschbeträge wurden gerade erst angehoben, das PDF ist aktuell.


Grüße
Stephan
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21 Apr 2021 22:58 #3 von bienchen123
Hallo Penny,

ich habe selbst seit 4 Jahren einen Schwerbehindertenausweis mit GdB von 50. Ich habe neurogene Blasenentleerungsstörungen und trage einen SPK. Trotzdem bin ich inkontinent.
Ich wohne in NRW. Hier war der Antrag auf die Anerkennung der Schwerbehinderung bei der Kreisverwaltung zu stellen. Meine Hausärztin hat sich zusammen mit ihrem Praxisteam gekümmert und mich unterstützt (worüber ich in meiner damaligen Ahnungslosigkeit und Unerfahrenheit sehr froh war), sie hat außerdem den mich damals behandelnden Urologen "mit ins Boot geholt". Es war meinerseits auch gar nicht viel Schreibkram erforderlich - und insgesamt ging alles sehr schnell und relativ unbürokratisch vonstatten.

Ja, stimmt, ein Lichtbild musste ich bei der Antragsstellung auch einsenden.

Schon nach sehr kurzer Zeit erhielt ich per Post dann den Ausweis zugestellt.

Stephans Tipp mit dem VdK scheint mir auch sehr gut - falls es für Dich Probleme gibt.

Übrigens waren und sind mir persönlich aber der EURO-Toilettenschlüssel und ein Notfall-Pass, den auch die meine Hausärztin ausgestellt hat, im Alltag wichtiger und hilfreicher als der Schwerbehindertenausweis... Aber das ist meine persönliche Erfahrung.

Probier`s einfach!

Viel Erfolg und liebe Grüße!
Monika
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22 Apr 2021 09:37 - 22 Apr 2021 10:04 #4 von Ciajaeg
Hallo Stephan, das fand ich ich jetzt wirklich sehr interessant und hilfreich.

Die Broschüre habe ich mir direkt mal bestellt, auch wenn ich vermutlich kaum über 30 kommen werde / würde und ihn aktuell nicht brauche.

Die Sache mit dem Euroschlüssel ist aber interessant für mich, für den Fall, dass wir irgendwann mal wieder raus dürfen. Da reicht ja dann die Diagnose vom Facharzt schon aus.

Alles Gute.

Ciajeag.

Diagnosen: Neurogene Dysfunktion des unteren Harntraktes suprapontin, Terminale Detrusor-Überaktivität - Detrusor-Sphinkter-Dyskoordination - Algurie - Polydipsie/Polyurie-Syndrom - chronische Harnretention -
Myalgische Enzephalomyelitis (ME-CFS) - (POTS) - Dysautonomie - Polyneuropathy

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22 Apr 2021 22:02 #5 von stephanw
Guter Hinweis mit dem EURO Schlüssel: der ist wirklich eine super Erfindung. Da reicht für die Berechtigung aus, eine chronische Blasenstörung zu haben (attestiert durch Arzt oder einem anderen Nachweis). Bestellung erfolgt über den CBF Darmstadt e.V. ( cbf-da.de/de/start/ ). Kostenbeitrag sind wenn ich mich recht erinnere um die ca. 20-30 €. Es ist wirklich erstaunlich, wieviele Behindertentoiletten sich mit dem Schlüssel öffnen lassen, ich habe durchwegs gute Erfahrungen. Meine Inkowindeln auf einer "normalen" Herrentoilette zu wechseln und dann das riesen Paket (trotz undurchsichtiger Mülltüte) in die oftmals zu kleinen Mülleimer zu entsorgen empfinde ich immer als ziemlich peinlich und stresst mich ungemein.... das geht auf einer Behindertentoilette viel besser!

Grüße
Stephan

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22 Apr 2021 22:09 - 22 Apr 2021 22:10 #6 von stephanw

Ciajaeg schrieb: Die Broschüre habe ich mir direkt mal bestellt, auch wenn ich vermutlich kaum über 30 kommen werde / würde und ihn aktuell nicht brauche.


Ich würde trotzdem einen Antrag auf Feststellung eines GdB's stellen. Selbst mit einem GdB von 30 hast Du ein paar handfeste Vorteile:

1. Du kannst dich gleichstellen lassen, womit Du wie ein Schwerbehinderter einen verbesserten Kündigungsschutz hast (abzuwägender Nachteil: die Arbeit erfährt während des Verfahrens von Deiner Behinderung)
2. Du bekommst einen Steuerpauschbetrag, welcher verglichen mit den Vorjahren in diesem Jahr verdoppelt wurde. Mit einem GdB von 30 sind das immerhin 620€ die man ansetzen kann!

Grüße
Stephan
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23 Apr 2021 09:29 #7 von ForrestGump
Hallo,
da Du Dich regelmäßig katheterisierst sollte eigentlich ein GdB 50 und damit eine anerkannte Schwerbehinderung vorliegen. Das ist bei mir auch so der Fall.
Das bringt dann nebenbei Vorteile bei der Steuererklärung und notfalls auch Argumente, wenn es am Arbeitsplatz Probleme geben sollte.

www.altenpflege-hilfe.net/thema/grad-der...-gdb-tabelle.php#twk

Gruß Udo

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04 Aug 2021 15:19 - 04 Aug 2021 16:11 #8 von MVFly
Hallo,

ich hab momentan einen GdB von 40%.
Ich habe 2004, 30% wegen einer Perikarditis erhalten mit dauerhafter Einschränkung der Leistungsfähigkeit
und 2016 nochmals 10% wegen einer schweren Handverletzung mit vier sehr aufwendigen OP´s, auch dauerhaft geschädigt.
Nun hab ich im Februar diesen Jahres einen Antrag auf Erhöhung gestellt,
wegen meiner ausgeprägten Dranginkontinenz seit 2018 in Folge einer Interstitiellen Zystitis.
Arztberichte, Krankenhausbericht, Reha-Bericht,
Verordnungen für Hilfsmittel dich ich dauerhaft benötige liegen dem Landratsamt vor.
Nach nun fast 6 Monaten Bearbeitungszeit immer noch kein Bescheid,
hab schon paar mal angerufen, es hieß dann immer 2 Wochen, natürlich kam nach diesen 2 Wochen kein Bescheid.
Nun kam letzten Freitag die Aufforderung, das ein neuerlicher Bericht vom Kardiologen benötigt wird,
offensichtlich möchten die die 30% von 2004 aberkennen.
Bin echt traurig und gefrustet über das Verhalten vom Landratsamt.
Verzögern, hinhalten und zermürben ist deren Strategie.

Viele Grüße MVFly

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04 Aug 2021 21:05 - 04 Aug 2021 21:22 #9 von stephanw
Hallo MVFly,

im Schwerbehindertenrecht ist folgender wichtiger Sachverhalt zu beachten:

Ein Verschlechterungsantrag ist immer ein Neuantrag (das wissen viele nicht). Je älter die Arztberichte sind, desto eher ist die "Chance" das sämtliche Behinderungen nochmal auf den Prüfstand kommen. D.h., aktuelle Befundberichte werden für alle Behinderungen erforderlich und man muss alle Ärzte nochmal abklappern. Ggf. sind sogar nochmal Untersuchungen erforderlich, ob die Einschränkungen in der Intensität noch bestehen.

Deswegen muss ein Verschlechterungsantrag immer gut überlegt sein, da sich tlw. auch die Bewertungsmaßstäbe ändern (z.B war Diabetis melitus früher immer mind. ein GdB von 50, heute ist es aufgrund guter Versorgung nicht mehr ein GdB von 50). Gerade wenn man kurz vor dem Rentenantritt steht, sollte man sich einen Verschlechterungsantrag immer gut überlegen, da sonst ggf. der frühere Rentenantritt verbaut wird.

Nochmal wieder zurück zu Deinem konkreten Verschlechterungsantrag:
ich denke, es ist ein ganz normaler Vorgang des Versorgungsamts und Du solltest nicht davon ausgehen, das man dir eins reinwürgen will. Gerade mit einer stark ausgeprägte Dranginko / benigne Prostatahyperplasie liegt man bei einem Einzel-GdB von 30-40. Ich hatte zuerst einen GdB von 30 und nach Widerspruch dann 40. Mittlerweile wurde die Inkontinenz wegen der zusätzlichen Erektilen Dysfunktion und Impotenz auf einen Einzel-GdB von 50 hochgestuft. Mit meiner Depression, die einen Einzel-GdB von 40 hat, habe ich mittlerweile einen GdB von 70 erreicht. Wenn sich Deine anderen Behinderungen nicht verbessert haben, solltest Du mit der attestierten Dranginkontinenz die 50 also knacken können.

Grob kann man von folgender Rechenweise des Versorgungsamt ausgehen:
Einzel-GdB der schwerwiegendsten Behinderung + Hälfte der kleineren Behinderungen mit einem Einzel-GdB >30 = Gesamt-GdB.

Beispiel:
Einzel-Gdb von 40 und Einzel-Gdb von 30

40 + (30/2) = 55 (abgerundet 50)

GdB von 10 wird gar nicht berücksichtigt, GdB von 20 i.d.R. nur wenn es in keinerlei Zusammenhang mit den anderen Behinderungen gibt. Deswegen wird es erst ab einem Einzel-GdB von 30 "interessant" für die Bildung des Gesamt-GdB, da die immer mit eingerechnet werden.

Wegen der Bearbeitungszeit:
Meine Schwerbehindertenvertretung (arbeite bei einem Großkonzern) hat mir gesagt, dass sie zur Zeit einen regelrechten Ansturm von neuen Schwerbehinderten bzw. Gleichgestellten haben. Wegen Corona, die Leute wollen den Kündigungsschutz haben. Das heisst, die Versorgungsämter trödeln nicht, sondern haben einen Sack voll Arbeit...

Viele Grüße
Stephan
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05 Aug 2021 18:36 #10 von MVFly
Hallo Stephan,

vielen Dank für die ausführliche Antwort.
Das sämtliche Behinderungen nochmal auf den Prüfstand kommen, war mir nicht so wirklich bewusst.
Ist bei mir jetzt wohl der Fall, das die 30% von 2004 nochmal überprüft werden.
Zu meine Dranginkontinenz, leide ich leider auch unter einer ausgeprägten erektilen Dysfunktion,
ist aber eher Nebensache bei dem Antrag, bei meinem Arzt und Reha- Bericht gehts um die Danginkontnenz
bzw. um die interstitiellen Zystitis.
Ich hab die erektilen Dysfunktion beim Antrag beiläufig erwähnt, die Behandlung der erektien Dysfunktion
steht bei meinem Urologen eher im Hintergrund, Medikamente helfen bei mir fast überhaupt nicht
und die Skat- Spritze brachte nur mäßig Erfolg.
Dann werd ich mich in Geduld üben müssen und im Falle einer Ablehnung ins Widerspruchsverfahren gehen.

Viele Grüße Martin

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