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neurogene blase meldet sich an . . .

15 Mai 2011 16:52 #31 von ruthelisabeth
zur antwort von Matti und Styra:
Matti, ich widerspreche dir, g.r.u.n.d.s.ä.t.z.l.i.c.h - und dass auch noch sehr viel weniger diplomatisch als Styra.*schon mal entschuldigung dafür sage*

sie hat zwar in ansätzen schon auch das geschrieben was ich meine und denke, nur dass ich auf (m)eine 34 jährige Inkontinenz zurückblicke, zurückblicken kann und auch muß.
und ich denke, wenn "du" wirklich e.i.n.m.a.l. so wie ich es erlebt habe, und immer wieder erlebe, an der ampel stehst, weil rot ist, neben dir halten die autofahrer, weil ich als fußgänger grün bekomme, und während dieser kurzen umschaltphase macht es "platsch" - weil die neurogene blase auf einen schlag aufmacht und die ohnehin schon ziemlich nasse vorlage dass dann nicht mehr halten kann, und du würdest da mit zarten nylons stehen in sehr heller hautfarbe und plötzlich laufen dir an beiden beinen nasse unübersehbare bahnen herunter, die zu deinen füßen -auf dem trockenen boden - eine pfütze bilden - und dann wird es grün und du mußt loslaufen, die straße überqueren vor den haltenden autofahrern, und auch dabei ziehst auf dem trockenen aspahlt eine spur hinter dir her . . . wenn du das immer wieder erleben müßtest, dann würdest du vlt ein bisschen anders darüber denken wann und wie und wo inkontinenz gesellschaftlich akzeptiert wird, ja selbt deine eigene akzeptanz dieser krankheit würdest dann vermutlich auch um einiges einkürzen.

und dass das bei frauen unmittelbar an den beinen herunterläuft liegt an der geschlechtsspezifischen anatomie, ganz unbestritten. und auch heute noch tragen frauen gerne strümpfe und röcke.
ich zb habe sehr schöne schlanke, lange, beine, trage sehr gern kurze röcke und - wie geschrieben, sehr hauchzarte, sehr helle strümpfe.
und das lass ich mir durch die olle blase nicht vermiesen - auch wenn ich mit der pfütze an der ampel stehe.
ich bin dann zwar in dem moment sehr wütend und traurig zugleich, aber ich kann es dann ja sowieso nicht ändern.

wenn ich hosen trage, dann überwiegend in schwarz, da sind die nassen stellen nicht sofort zu sehen wenn ich mal wieder zu lange mit der vollen vorlage auf meinem hintern gesessen habe . . . leider ist sehr oft auf dem stuhl ein unschöner dunkler fleck wenn ich mich erhebe - - - da komm mir jetzt nicht mit gesellschaftlicher akzeptanz und erzähl mir nicht, das bräuchte mir gar nicht peinlich zu sein . . .

und was meinst du wie das war, als ich gerade 30 war und dann solche situationen durchleben musste ?
klar, wäre da ein psychologe nicht verkehrt (gewesen) – aber auch der änderte absolut nichts an den medizinischen umständen.

und noch was -ganz ehrlich- gesagt; ich würde und habe auch noch nie anderswo derartig offen darüber geredet (ausnahme: mit meiner heißgeliebten urologin) wie hier im forum. ( dafür ein dickes danke an euch, die ihr es betreibt und eingerichtet habt )
kurioserweise muß ich jetzt aber hier feststellen, dass ich wohl die einzige zu sein scheine, die sich doch schämt, die sich gesellschaftlich absolut nicht mit inkontinenz akzeptiert empfindet.
hm.
mal nachdenken geh, und den grill anschmeiße. :wink:

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15 Mai 2011 17:10 #32 von Styra

ruthelisabeth schrieb: kurioserweise muß ich jetzt aber hier feststellen, dass ich wohl die einzige zu sein scheine, die sich doch schämt, die sich gesellschaftlich absolut nicht mit inkontinenz akzeptiert empfindet.


Hallo Ruthelisabeth,
ich glaube nicht, dass du die einzige bist. Ich habe ja das "Glück", dass mein Schließmuskel so gut wie immer dichthält, und ich somit noch nie in so peinliche Situationen gekommen bin, wie du oben beschrieben hast.
Als ich noch meinen Beinbeutel trug mit Verlängerung in die Harnröhre, da habe ich mich ja auch wegen des Geruchs geschämt. Der Geruch ist dank Ventil und Bauchdeckenkatheter jetzt weg - und bisher ist mir immer nur in "günstigen" Gelegenheiten etwas durchgegangen, immer nur zu Hause, wo lediglich mein Mann etwas mitbekommen hat und der mich jedesmal psychisch wieder aufrichten konnte. Von daher kann ich "normal" darüber sprechen.
Ich glaube im anderen Fall hätte ich auch eher Probleme...
Viele Grüße, Hille

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15 Mai 2011 18:06 #33 von Jens Schriever ✝
Hallo Ruthelisabeth

Sicher ist so eine Situation sehr peinlich, und kann mal vorkommen, aber bei einer 34 jährige Inkontinenz, sollte man schon wissen wann man seine Vorlage/ Windel wechseln muss, dass so was nicht passiert. Toiletten gibt es in der Stadt doch genug, und als Fußgänger sollte das kein Problem sein. Ich denke Matti hat schon Recht mit seiner Aussage, denn das mit der Pfütze ist ja nicht der Regelfall oder doch?


Gruß Jens

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15 Mai 2011 18:21 #34 von Sebald
Hallo und einen Schönen Sonntag

Machen wir unsere Vorbehalte selbst? .... wieder ein interessanter Gedanke mehr!

Ich denke, Jein!

Zunächst aber: Was Ruthelisabeth berichtet, kenne ich so nicht. Vielleicht bin/war ich ja eher der vorsichtige Typ. Aber, daß meine Versorgung so am Anschlag war, habe ich immer vermieden. Zugegeben erkauft durch Verzicht auf das eine oder andere Stück Lebensqualität. Sprich: weniger getrunken, oder aber die Vorlage eben eins größer gewählt. Ich denke aber, daß mit dieser Schilderung auch nochmal ein Unterschied markiert wird, zwischen mehr oder minder sofort sichtbarer und 'unsichtbarer' Behinderung.

Ich selbst bin, was die Mitteilungsfähigkeit des Ganzen tatsächlich ein bißchen gespalten. Der Einfachkeit halber unterscheide ich jetzt mal zwischen fachlichem und privatem Gespräch.

Mit medizinischem Personal (Arzt, Praxisteam, Krankengymnastik) habe ich wenig Scheu, darüber zu reden. Das kann, muß aber nicht tiefer gehend sein. Ich bin dann auch insofern distanziert, als ich über mich wie über einen (anderen) medizinischen Fall berichte. Hat den Vorteil, daß man klar und informiert redet. Oder wenigstens so rüberkommt. Hat den Nachteil, daß Ärzte einen deswegen in der Sache für sehr stabil halten. Was nicht immer so ist.

Und das private Gespräch? Ich erzähl es natürlich nicht allen, aber es wissen inzwischen schon ein paar Leute. Da kann man dann auch ein bißchen variieren: 'Ich habe eine Blasenstörung' geht ja ebenso wie 'ich bin inkontinent'. Pesönlich finde ich den ersten Satz besser, weil man dann noch offenlassen kann, wodurch bedingt und in welchem Umfang.

Wenn ich es aber mitgeteilt habe, dann hatte ich schon oft das Gefühl, irgendwie distanzlos oder überprivat gewesen zu sein. Und wenn ich ehrlich bin, kann mir meine Umwelt auch gar nicht 'richtig' reagieren: Ein "Oh Du Armer" will ich nämlich ebensowenig hören, wie "Da hab ich aber letztens im Fernsehen gesehen, daß man das mit Beckenbodentraining oder Medikamenten gut in den Griff bekommt." Mag ja stimmen, aber nicht in jedem Fall. Am Liebsten wäre mir natürlich, meine Gesprächstpartner würden sofort in eine medizinisch-anspruchsvolle Diskussion mit mir einsteigen (s.o.). Aber in dem Stoff ist außer mir und meinem Urologen halt wirklich keiner richtig drin... - ich geb's ja zu!

Ansonsten tarne ich mein Leben nicht mehr übermäßig. Okay, meine Hilfsmittel sind inzwischen sehr dezent. Aber Inkoslips, die ja doch mal anfallen, tue ich in einer ganz normale Mülltüte in den Hausmüll. Auch Paketlieferungen von Abena (bspw.) nehme ich ungerührt entgegen!

Ganz schlimme Reaktionen habe ich noch keine erlebt! Mehr so kleine dezente Hinweise. Ein Freund zum Beispiel wollte partout darauf hinaus, daß eine solche Störung psycholgisch sei. Nun ja. So gut sind die Leute inzwischen ja auch erzogen, daß sie nicht anfangen zu lachen oder einen reaktionslos stehen lassen!

Ich gebe aber Matti recht. Das Hauptproblem ist, daß man sich selbst unter dauernde Beobachtung stellt. Das kommt schon durch die Blasen- oder Darmstörung an sich, verstärkt sich aber noch durch die Ängste, man könnte nicht mehr gesellschaftsfähig sein, weil die Hilfsmittel versagen.

Recht langer Text. Liegt am grundsätzlichen Thema...

Schönste Grüße,
Sebald

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15 Mai 2011 18:35 #35 von SimonSays
Ich wollte nur kurz in Diskussion SPK / ISK einsteigen. Vor ca einem Monat hab ich vom Bauchdeckenkatheter auf das Selbstkatheterisieren gewechselt. Und wenn ich gewusst hätte, wie relativ einfach das (zumindest bei uns Männern) geht, hätte ich meinen Urologen schon viel eher daraufhin gedrängt. Für mich eine echte Verbesserung der Lebensqualität - alleine schon, weil ich wieder ganz normal Duschen kann. Und die SpeedCath Compact sind so unauffällig, das selbst die meisten Kollegen noch gar nichts mitbekommen haben.

Auch meine Blase meldet sich nicht, wenn sie voll ist und ich geh deshalb auch nach der Uhr. Das klappt mittlerweile ganz gut und man kann ja selber abschätzen, wenn man mal mehr getrunken hat.

In diesem Sinne, viele Grüße
Simon

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15 Mai 2011 19:43 #36 von ruthelisabeth

Jens schriever schrieb: Hallo Ruthelisabeth

Sicher ist so eine Situation sehr peinlich, und kann mal vorkommen, aber bei einer 34 jährige Inkontinenz, sollte man schon wissen wann man seine Vorlage/ Windel wechseln muss, dass so was nicht passiert. Toiletten gibt es in der Stadt doch genug, und als Fußgänger sollte das kein Problem sein. Ich denke Matti hat schon Recht mit seiner Aussage, denn das mit der Pfütze ist ja nicht der Regelfall oder doch?


Gruß Jens

na prima, auf die antwort habe ich geradezu gewartet. - klar doch ich bin zu blöd . . . *das ist jetzt ganz ehrlich mehr witzig als böse gemeint !!!*
ehrlich, eine neurogene blase wie meine, reagiert wann und wo und wie sie will.
und sie gibt null, kein, nada, vorzeichen!
und wenn ich aus der u -bahn komme - ungefähr 5 minutern gehweg nach hause- und noch ist die vorlage nicht mal halbvoll, und dann laufe ich los und auf der hälfte, nur gute 2 minuten vom eigenen klo weg, geht sie auf, gibt einen schwall raus , die vorlage ist voll . . . und weil dann immer noch ein nachschlag kommt, passiert eben die ampelsituation ( 1 minute vor der wohnungstür) doch öfters mal ( wobei das nicht immer wirklich "nur" die ampel ist).

Sebald,
ich kann nicht vorsichtiger sein und weniger trinken - zum einen wegen der (zusätzlich) geschädigten nieren, noch macht das auch nur irgendeinen unterschied bei meiner blase.
was glaubst du was ich in 34 jahren alles getestet und ausprobiert habe ?

Simon,
und jetzt kommt ja noch mein schmankerl: ich kann meine blase nicht gewollt öffnen ( und auch nicht schließen). ich kann also nicht auf befehl, wunsch oder aus vorsorge entleeren.
deshalb ist ja meine neurogene blase eben eine neurogene blase mit einer blasenentleerungsstörung.

und nein, ich will keinen und ich lasse mir auch keinen urin/blasen-katheter legen. ( nierenkatheter hatte ich schon einige)
rein medizinsch ist der bei mir weder indiziert noch macht er wirklich sinn, außer dass er mich dann endgültig nicht nur psychisch sondern auch noch körperlich in die behindertenecke drängt.

ich finde aber dass eine blasenstörung keine behinderung ist, sondern schlichtweg eine krankheit. - und nicht jede krankheit ist eine behinderung. ( was mich aber nicht gehindert hat einen antrag auf schwerbeschädigung zu stellen - damit ich früher in rente gehen kann, mit geringeren abzügen, bis jetzt allerdings erfolglos)

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15 Mai 2011 20:01 #37 von Styra

ruthelisabeth schrieb: und nein, ich will keinen und ich lasse mir auch keinen urin/blasen-katheter legen.


Hallo Ruthelisabeth,
ich glaub, der Hinweis von SimonSays ging an mich, weil ich mich ja von meinem Bauchdeckenkatheter nicht trennen mag - noch nicht. Zur Zeit geht es mir gut damit und ich sehe nicht die Notwendigkeit ein, meinen abzuschaffen und dann selbst zu katheterisieren. Zur Zeit überwiegen in meinem Verständnis für mich noch die Vorteile. Vielleicht wird sich irgendwann auch mal meine Einstellung dazu ändern, aber momentan ist es so gut, wie es ist :)

Im übrigen habe ich scheinbar nicht so ein großes Problem mit der Blase wie so manch anderer hier, weil ich ja immer noch merke, wenn sie anfängt zu schmerzen und kann dann eigentlich rechtzeitig zur Toilette gehen.

Duschen kann ich übrigens auch mit Bauchdeckenkatheter - baden würde ich allerdings nicht damit - auch nicht Schwimmen gehen. Aber bei der Dusche sehe ich kein großes Problem. Ich klebe mir den Schlauch vor dem Duschen immer mit zwei Streifen Klebeband am Bauch fest, so kann der nicht beim Stehen nach unten ziehen. Außerdem habe ich noch große Gleichgewichtsprobleme beim Stehen - vor allem mit geschlossenen Augen beim Haare waschen - und dusche somit im Sitzen. Nur, wenn ich den Intimbereich wasche, stehe ich für die kurze Zeit auf - da muss ich ja auch nicht Augen bei schließen *grins*.

Viele Grüße, Hille

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15 Mai 2011 21:33 #38 von Sebald
Hallo nochmal und vor allem Ruthelisabeth,

Du sprachst mich auf die Sache mit dem Trinkverhalten an. So habe ich v.a. die Anfänge meiner Entleerungsstörung 'gelöst'. In dem Sinne war das also keineswegs ein Tipp. Vielmehr hat es auch mir nicht gut getan... - Hinsichtlich der Versorgung sind mir Deine 34 Jahre erst im Nachhinein so richtig bewußt geworden. Die sind eine lange Zeit, in der sich einiges auch im aufsaugenden Bereich geändert und definitiv verbessert hat. Ich hoffe, Deine Situationsbschreibung bezog sich auf diese Urzeit der Versorgung. Heute hast Du ja sehr viele Möglichkeiten, dein Hilfsmittel bis hin zum Slip auf deine Bedürfnisse und den Tagesablauf einzustellen...
Beste Grüße,
Sebald

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15 Mai 2011 22:17 #39 von matti
Hallo,

ich habe gelernt, dass es selten gut ist mit Emotion auf einen Beitrag zu antworten. Deshalb schlafe ich in der Regel wenigstens eine Nacht über meine Antwort, gerade wenn ich persönlich angesprochen wurde. Allerdings möchte ich hier einmal eine Ausnahme machen, weil die Anzahl der Antworten in recht kurzer Zeit, mir meine Antwort sonst immer schwieriger macht. Meine Antwort möchte ich primär an RuthElisabeth richten, hier scheint mir der größte Diskussionsbedarf.

Liebe RuthElisabeth,

dein Hinweis auf deine Inkontinenzform und den damit verbundenen Folgen ist wichtig. Er ist es vor allem vor dem Hintergrund, dass ausnahmslos alle Mitglieder die dir geantwortet haben, ebenfalls eine neurogene Blase haben! Sie dürften also deine Situation aus persönlichen Erleben nachvollziehen können. Der große Unterschied zwischen den Betroffenen scheint aber das management der Erkrankung zu sein. Deshalb ist es vielleicht gar nicht so unsinnig sich ein mal mit den Erfahrungen der Anderen auseinanderzusetzen. Sie scheinen ja alle nicht die Folgen, wie beispielsweise die von dir beschriebene sichtbare öffentliche Blasenentleerung zu haben.
Dein Hilfsmittel scheint auf jeden Fall deiner Inkontinenzform nicht angepasst zu sein. Sprich: Es ist für die Menge und Form deiner Urinentleerung unterdimensioniert. So einfach ist das.
Mit management meine ich, dass du eine neurogene Blase auch wie eine neurogene Blase "behandeln" must. Würdest du beispielsweise nicht darauf warten, bis sich deine Blase völlig unkontrolliert selbstständig entleert hättest du dieses "Ampelproblem" erst gar nicht. Du kannst die Krallen wieder einfahren, weil jetzt meine Erklärung folgt :wink:

Würdest du vor deiner Heimfahrt Selbstkatheterismus betreiben, währe deine Blase leer und würde spielend eine Heimfahrt und den Nachhauseweg garantieren. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage ob deine Nierenschädigung unmittelbar mit deiner Blasenentleerungsstörung in Verbindung steht. Wenn dies der Fall ist, dann sind dies bereits Folgen deines Fehlmanagements der Blasenentleerung. Hohe Drücke in der Blase sind "gift" für die Nieren. Die Todeursache nummero uno noch vor gut 50 Jahren bei Querschnittgelähmten (die alle eine neurogene Blase haben!).

Ich möchte bestimmt hier keine Wertungskala für das persönliche Schicksal aufführen. Du hast mich aber persönlich angeschrieben, wenn ich wüsste wie sich eine neurogene Blase anfüllt bzw. welche Folgen dies habe, würde ich dies anders beurteilen. Mit 29 Jahren habe ich die Diagnose Multiple Sklerose erhalten, mit 32 Jahren wurde ich Rentner, mit 33 Rollstuhlfahrer, mit 34 zum Pflegefall. Ich glaube ich kann deine Situation beurteilen und nachvollziehen! Wahrscheinlich werde ich in den nächsten 10 Jahren meine Selbstständigkeit zum größten Teil verlieren, evtl. die Fahigkeit zur Selbstbestimmung. Ich habe im Übrigen damals für eine Berufstätigkeit gekämpft, nicht für die Rente. Und ehute "kämpfe" ich jeden Tag für meine Selbstständigkeit, weil dies ganz entscheident meine Lebensqualität beeinflusst.

Bei Sätzen wie "alle hier im Forum" werde ich schnell allergisch. 1450 Mitglieder hat dieses Forum. Fünf bis sechs haben dir geantwortet. Wie kommst du auf die Idee der Sippenhaftung.

Nun noch einmal etwas zum ewigen Thema der Tabuisierung. Von meiner Seite kann doch gar kein anderes Statement kommen, als das von mir abgegebene. Wir betreiben doch dieses Forum (daneben gibt es auch noch einen Verein, der mehr Zeit in Anspruch nimmt als dieses Forum) nicht um Inkontinenz weiter in der Schmudelecke zu lassen. Es geht bei unserem Vereinsziel doch primär um die Verbesserung der Lebensqualität der Betroffenen. Wir sind keine Mediziner. Deshalb steht doch nicht die Einflussnahme auf Therapien im Vordergrund, sondern das Streben nach Normaität mit der Erkrankung.

Ein Beispiel: 40 jährige Frau, 3 Kinder. Nach der letzen Geburt zunehmend inkontinent.

Verhalten 1: Frau schämt sich. Geht nicht zum Arzt, verwendet Binden für die Monatshygiene. Der geliebte Einkaufsbummel mit den Freundinnen wird immer häufiger abgesagt, aus Angst vor den Folgen der Blasenschwäche. In der Partnerschaft läuft es immer schlechter, weil Intimität immer weniger stattfindet. Verantwortlich dafür ist die Scham vor dem Partner, dem sich die Frau natürlich nicht anvertraut. Es kommt zu ersten Problemen im Job, weil ein ständiger Uringeruch vorhanden (aufgrund der völlig falschen Hilfsmittel!) ist. Zudem kommen es immer wieder zu Fehlern in der Tätigkeit, weil der Kopf nicht frei ist. Alles dreht sich um die Blase, die Erreichbarkeit der nächsten Toilette.
Um es einmal abzukürzen: Am Ende hat sich der Partner eine Freundin genommen, die Ehe ist gescheitert. Aufgrund der Lebenssituation nimmt die Isolation immer weiter zu, die Frau wird depressiv.

Verhalten 2: Frau nimmt die körperlichen Signale ernst und geht zum Arzt. Dieser stellt eine Belastungsinkontinenz fest und verordnet ein Beckenbodentraining. Der Partner wird eingeweiht und zeigt großes Verständnis, gerade weil sie nicht nur seine Frau sondern vor allem auch die Mutter der gemeinsamen Kinder ist, deren Geburt und Schwangerschaft diese Inkontinenz zur Folge hat. In einem persönlichen Gespräch mit der besten Freundin erfährt die Frau das ihre Freundin vor einigen Jahren selbst an Inkontinenz gelitten hat. In der Apotheke erhält die Frau die richtigen Hilfsmittel. Dadurch muss sie sich sogut wie nicht einschränken, weil sie diskret und geruchneutralisierend sind. Das Beckenbodentraining zeigt nach einem halben Jahr gute Erfolge, nach einem Jahr hat die Frau ihr Inkontinenzproblem hinter sich gelassen.

Zugegeben frei erfunden, aber keinesfalls praxisfremd. Es ist doch völlig absurd, wenn man den Umgang mit seiner Inkontinenz nur in schwarz/weiß betrachtet. Natürlich gibt es überhaupt keinen Grund dafür seine gesamte Verwandschaft, die Kollegen oder Hinz und Kunz darüber zu informieren. Wichtig ist zunächst erst einmal das man selbst kein Versteckspiel betreibt. Man stelle sich einmal vor ein Inkontinenter geht zu einem Facharzt für Urologie. Dann wird die ganze Praxis zusammenlaufen, die Sprechstundenhilfe auf jeden Fall erst einmal Handschuhe überziehen und der Arzt noch am Abend seiner Frau von diesem unglaublichen Ereignis berichten. Der Urologe wird darüber klagen, dass er nie diese Fachrichtung gwählt hätte, wenn er gewusst hätte das sich solche Menschen in seine Sprechstunde verirren. In einem Pressebericht in der überregionalen Presse wird natürlich am nächsten Tag umgehend über diese unglaubliche inkontinente Person, samt Adresse und Bild berichtet. Die Folge: Der inkontinete Mensch muss an den Rand der Stadt ziehen, in ein ehemaliges Lager für Lebrakranke. In diesem verbringt er den traurigen Rest seines Lebens.

Wir haben eine Frau als Bundeskanzlerin, einen Homosexuellen als Aussenminister, einen Menschen mit Migrationshintergrund als Vizekanzler und Wirtschaftsminister und trauen unserer Gesellschaft noch immer keinen offenen Umgang beim Thema Inkontinenz zu.
Wer Flecken auf Stühlen hinterlässt, hat kein Problem mit der Gesellschaft aufgrund seiner Erkrankung, sondern aufgrund der Flecken. Wer Kaugummi unter Tische klebt, oder Schokoladenhände am Sofa abwischt wird ähnliches erleben. Im Jahr 2011 muss kein inkontinenter Mensch nach Urin richen oder häufig Flecken an Kleidung oder Möbel hinterlassen. Wer dies tut, macht etwas falsch, auch wenn der vorgehaltene Spiegel manchmal ein Bild zeigt, was man nicht sehen möchte.

Gruss

Matti

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15 Mai 2011 22:38 #40 von eckhard11 ✝
....ich gebe zu, ich bin wahrscheinlich ausserhalb der Norm.
Mich interessiert es nicht, ob jemand weiß, daß ich inko bin.
Und ich bin auch dieserhalb niemandem, aber wirklich niemandem, darüber Rechenschaft schuldig, nicht einmal meiner Familie.

Nun habe ich aber das Glück, in solche Situationen, wie sie Ruthelisabeth beschrieben hat, gar nicht oder nur äusserst selten zu kommen, daher kann ich eine derartige Situation auch nicht einschätzen.
Andererseits kann einem dies überall passieren, nicht nur, wenn man inko ist.
Ich möchte nicht wissen, wieviele Menschen sich zum Beispiel heute in Dortmund in die Hose gepinkelt haben....

Wie ich Ruthelisabeth schon schrieb :
Ich habe in den weit über sieben Jahren meiner Inko festgestellt, daß sich kein Schwein für meine “spezielle” Behinderung interessiert.
Ein Gespräch ergibt sich, man antwortet, die/der Gesprächspartner/in nickt mitfühlend, hämisch oder desinteressiert, dreht sich um und hat die Mitteilung schon wieder vergessen......
Ich will damit sagen, daß wir die Reaktion der "Normalos" auf einige Vorkommen ganz einfach überschätzen.

Mich persönlich belastet meine erektile Dysfunktion mehr als meine Inko, ( auch wenn mir dies anfangs gar nicht so vorkam )
Diese ist die Folge der Blasenkrebs-OP und nicht mehr umkehrbar.
In manchen Situationen ist diese “Offenbarung” sicherlich auch nicht gerade einfach.....

Solange wir die “Behinderung” nicht aus den eigenen Köpfen bekommen, solange können wir doch auch nicht erwarten, daß sie von der “Gesellschaft” akzeptiert wird.

Matti hat meiner Meinung nach recht.

Gruß
Eck :sleep: hard

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