Hallo Resi,
ich habe meine Erfahrungen mit der Uni Mainz vor gut 10 Jahren gemacht. Natürlich sind Erfahrungsberichte immer subjektiv. Das was ich dort erlebt habe, musste allerdings aufgeschrieben werden. Meine Erfahrungen habe ich deshalb vor einigen Jahren schon einmal gepostet, stelle sie aber gerne noch einmal zur Verfügung.
Vorab möchte ich sagen, dass ich mich bewusst dafür entschieden habe, die Klinik auch namentlich zu nennen. In meinem Bericht werden die Leser Vorgänge finden, welche haarsträubend sind. Soll sich jeder sein eigenes Bild machen.
Im Jahr 2001 erzählte mir meine damalige Urologin von einer Therapie, welche sie auf einem Urologenkongress kennen gelernt hatte. Die Rede war vom Blasenschrittmacher.
Die Therapieoption klang verlockend. Leider gab es zu diesem Zeitpunkt nicht allzu viele Kliniken, welche diese Implantation vornahmen. Die am nächsten gelegene Klinik wäre die Werner Wickert Klinik in Bad Wildungen gewesen. Dies scheiterte allerdings an der nicht erfolgten Kostenzusage meiner Krankenkasse.
Ich war damals noch voll berufstätig. Deshalb bedurfte es immer ein wenig Terminplanung mit meinem Arbeitgeber. Ich entschied mich für eine Vorstellung in der Uni Klinik Mainz, bei Herrn Dr. Hampel.
Dort angekommen wurden umfangreiche Tests durchgeführt, unter anderem eine Blasendruckmessung. Aufgrund der Ergebnisse hielt man mich für einen „Kandidaten“ für eine Teststimulation. Wir vereinbarten einen Termin in einigen Wochen. Nach erfolgreichem Test sollte direkt der Stimulator eingebaut werden. Kurz vor dem eigentlichen Termin erhielt ich einen Anruf, daß der Termin noch einmal verschoben werden musste. Gut, kann passieren.
Am neu vereinbarten Termin erschien ich pünktlich in der Uni Mainz. Dort angekommen, hatte nicht wirklich jemand für mich Zeit. Ob man den Test durchführen könne, war ungewiss, ein Zimmer hatte man auch nicht für mich. Mainz ist über 100 Kilometer von meinem Zuhause entfernt. Zudem war mein Arbeitgeber darüber informiert, daß ich für die nächsten Wochen ausfallen würde.
In einem Arztgespräch, der Name des Arztes ist mir leider entfallen, wurde noch einmal alles hinterfragt. Es stünde noch gar nicht fest, ob ich überhaupt für eine Teststimulation in Frage kommen würde. Ich bin nicht unbedingt ein „bequemer“ Patient und so habe ich meinem Unmut auch verkündet. Man hat mich daraufhin von 10 Uhr morgens bis ca. 18 Uhr auf dem Stationsflur sitzen lassen. Als ich dann meine Heimreise ankündigte, wenn nicht in kürzester Zeit ein Arzt für mich Zeit hätte und ein Zimmer für mich frei wäre, kam etwas Bewegung in die Sache.
Man hätte kein Zimmer, aber nach einer Nacht im Arztzimmer könne ich morgen ein „richtiges“ Zimmer beziehen und man würde die Teststimulation durchführen.
Ich wurde also gegen 19 Uhr in meine „Notunterkunft“ gebracht. Das Zimmer hatte weder ein Telefon noch eine Notklingel. Nach den ganzen Strapazen schlief ich recht schnell ein. Gegen 2 Uhr Nachts wunderte ich mich, daß die Nachtschwester noch nicht einmal in meinem „Zimmer“ gewesen war. Ich setze mich also in meinen Rolli und fuhr den Gang der Station entlang. Mir kam eine Nachtschwester entgegen, welche mich anschaute wie ein Nachtgespenst. Es stellte sich heraus, dass die Nachtschwester über meine Anwesenheit auf der Station überhaupt nicht informiert worden war. Ich möchte einmal betonen, dass ich Rollstuhlfahrer bin und eine hohe Pflegestufe habe.
Nun gut, die Nacht war rum. Schon sehr früh am Morgen kam ein Arzt auf mein „Notzimmer“. Dieser setzte sich neben mein Bett und beschrieb mir, was man alles mit mir vorhabe. Ich habe mir das ca. 10 Minuten angehört. Danach bat der Arzt um meine Unterschrift für die Einwilligung. Ich habe mich bei dem Arzt für die sehr ausführliche Aufklärung bedankt und ihm die Unterschrift verweigert. Auf die Frage des Arztes warum ich meine Einwilligung verweigern würde, habe ich ihm gesagt, dass er sich wohl in der Tür geirrt habe. Die Operation, welche er mir erklärt habe, würde auf mein Krankheitsbild nicht zutreffen. Der Arzt sah mich an, genauso wie die Nachtschwester in der Nacht zuvor. Mit dem einzigen Unterschied, das er doch sehr blass wirkte. Er verließ daraufhin stammelnd das Zimmer. Nach einer halben Stunde kam er zurück und entschuldigte sich nach allen Regeln. Naja gut, dass ihm dies nicht während der Narkose passiert ist.
Man hat mich tagelang warten lassen, bis dann endlich der Tag gekommen war, an dem die Teststimulation durchgeführt werden sollte. Wie vor jeder Narkose sollte ich den Abend vorher weder etwas essen noch trinken. Am nächsten Morgen bekam ich schon früh mein OP-Hemdchen an. Danach sah ich erst einmal für viele Stunden niemanden mehr. Gegen 16 Uhr hat man mich in den OP geschoben. Ich habe noch nie in einem Krankenhaus so viele Mediziner gesehen, welche mich dermassen verwundert angeschaut habeben. Auch im OP wusste niemand, was man dort mit mir anfangen sollte. Nachdem ich eine Stunde auf einer kalten, harten Liege im OP-Vorraum verbracht hatte, teilte man mir mit, dass gar kein Anästesist mehr da wäre.
Ich wurde also unverrichteter Dinge wieder auf mein Zimmer geschoben. Nur auf drängen hat man mir dann noch etwas zu essen besorgt.
Der nächste Tag verlief ähnlich. Wieder musste ich bis 16 Uhr nüchtern bleiben und wieder wurde ich in den OP geschoben. Auch diesmal hatte man keinen Narkosearzt. Man entschied sich kurzerhand, dass man dies auch ohne Narkose machen könne, eine örtliche Betäubung würde auch ausreichen.
Bei der Teststimulation werden ca. 8 Nadeln nahe an die Sakralnerven plaziert. Diese werden unter Strom gesetzt, um die richtige Position zu finden. Es kam, wie es kommen musste, nach einer halben Stunde bin ich auf dem OP-Tisch kollabiert. Man hat daraufhin die OP abgebrochen und mich eine Stunde lang mit einem Gebläse ( ? ) aufgewärmt.
Die bis dahin angebrachten Nadeln sollten für eine Teststimulation ausreichen. In den nächsten Tagen wurde getestet. Das Ergebnis: Es sprach alles für den Einbau eines Blasenschrittmachers.
Nach dieser erfolgreichen Teststimulation wollte allerdings niemand mehr etwas davon wissen, dass man mir zugesagt hatte, direkt im Anschluss die Implantation durchzuführen.
Ich wurde also wieder nach Hause entlassen, ein Termin sechs Wochen später wurde vereinbart. An diesem Termin sollte dann die Operation erfolgen. Auch dieser Termin wurde sehr kurzfristig zweimal verschoben. Mein Arbeitgeber hat sich gefreut wie ein Schneekönig.
Ein gutes viertel Jahr später rückte ich wieder in Mainz ein. Das gleiche Theater wie beim ersten Besuch, wieder hatte man, trotz Termin, kein Zimmer mehr für mich frei. Es hat sich dann, nach Stunden, doch noch ein Zimmer gefunden.
Am nächsten Tag erklärte man mir, dass man erneut eine Teststimulation durchführen müsse ( wolle? ). Nach einiger Diskussion stimmte ich zu, schließlich war die endgültige Implantation nicht ganz ohne. Sollte sich herausstellen, dass die erneute Teststimulation erfolgreich wäre, sollte ich direkt im Zuge des stationären Aufenthalts den Blasenschrittmacher erhalten.
Der Test wurde durchgeführt, diesmal mit Narkose. Bei der Narkose habe ich mich übergeben, es folgte das Absaugen der Lunge.
Wieder wurde einige Tage getestet. Wieder erfolgreich. Von der anschließenden OP wollte aber auch diesmal keiner etwas wissen.
Ich wurde also wieder nach Hause geschickt, mit einem Termin in sechs Wochen.
Richtig, auch dieser wurde noch zweimal verschoben.
Am Vorabend meiner Abreise zur Klink erhielt ich gegen 20 Uhr einen Anruf aus der Klinik. Man müsse den Eingriff absagen. Absagen, nicht verschieben! Man können den Schrittmacher nicht bekommen und dies auf nicht absehbare Zeit. “ Bums, fertig!“
Soviel einmal zu meinen persönlichen Erfahrungen mit der Uni Mainz. Jedes Wort entspricht der Wahrheit. Ich frage mich allerdings, ob mein Gehirn vor 10 Jahren noch im Wachstum wahr. Niemals würde ich mir heute solche unglaublichen Zustände gefallen lassen.
Wahrscheinlich war mein Leidendruck damals so hoch, dass ich nicht auf die Barrikaden gegangen bin.
Operiert wurde ich daraufhin in der Uni Kiel. Auch dies war eine Katastrophe mit Terminverschiebungen und zwei erneuten Teststimulationen.
Nachdem mir einige Monate nach der ersten OP der Stimulator aus der Gesäßtasche in den Bauchraum "verpflanzt" wurde, hatte ich eine heftige Abstoßungreaktion. Wahrscheinlich begünstigt durch die total vereiterte und entzündete Bauchtasche, aus der ja der Stimulator verwendet wurde.
Letztendlich musste der Stimulator komplett entfernt werden. Stoma und Pouch wurden mir empfohlen, dies habe ich aber nicht wahrgenommen.
Das Versetzen und das Entfernen wurden in der Uni Mannheim vorgenommen. Dort habe ich ausschließlich gute Erfahrungen gemacht.
Gruß
Matti