Hallo Moonkid,
ich danke dir für deine ausführliche Stellungnahme. Das Wesen einer Diskussion liegt natürlich darin, dass unterschiedliche Meinungen aufeinander treffen (können).
Mit einem doch oftmals sehr heftig diskutierten Begriff wie dem der Menschenwürde ist nicht leicht umzugehen.
Gerade im medizinisch/pflegerichen Bereich wird über Ethik und Würde nicht selten sehr konträr diskutiert. Nehmen wir als Beispiel die Sterbehilfe oder die "Zustände" in deutschen Pflegeeinrichtungen. Der Umgang mit unseren alten, behinderten oder allgemein gesellschaftlich schwächeren Menschen ist nicht nur in der Diskussion teilweise würdelos, sondern bedauerlicherweise auch in der täglichen Praxis.
Schon Immanuel Kant hat festgestellt "Wer sich zum Wurme mache, darf nicht darüber klagen, mit Füßen getreten zu werden." Nun gut, Kant war eine Persönlichkeit seiner Zeit und hat bei weitem nicht nur "schlaue" Dinge von sich gegeben. In unserem Beipiel, eines alkoholisierten Jugendlichen, wäre diese Feststellung aber für mich (natürlich nur im übertragenem Sinne) anwendbar.
Der Jugendliche hat sich zunächst einmal aus freien Stücken in eine sehr würdelose Situation begeben. Zumindest wirkt der Zustand der Jugendlichen in den angeführten Videos alles andere als würdevoll auf mich.
Nun kann man trefflich darüber streiten, ob es Ärzten oder Pflegepersonal zusteht, in solchen Fällen erzieheriche Massnahmen anzuwenden. Im Prinzip nein, aus meinem Empfinden ja.
Bleibt aber noch die Frage der pflegerischen Massnahme. Hier geht es ja dann nicht mehr primär um Ethik und Würde. Würde es gelingen hier eine klare Abgrenzung zu schaffen, würden wir hier wahrscheinlich erst gar nicht diskutieren.
In einem Online-Artikel habe ich eine sehr passende Formulierung gefunden:
Solange sich keine Verletzung der Menschenwürde findet, die nicht zugleich auch einen Verstoß gegen ein Menschenrecht darstellt, ist der Begriff der Menschenwürde schlicht und einfach redundant.
Würde sich der Patient gegen eine Versorgung mit Windel deutlich aussprechen müsste man diese ganze Diskussion noch einmal ganz anders ansetzen. Dies kann er aber in der Regel gar nicht mehr (aufgrund seines Zustandes) und gerade dies erklärt und rechtfertigt meiner Meinung nach auch die Massnahme. Gleiches gilt ja beispielsweise auch bei freiheitsentziehenden Massnahmen (beispiel: Bettgitter). Hier setzt der Gesetzgeber zurecht eine hohe Hürde. Im konkreten Fall ist dies aber auch ohne richtleriche Anordnung möglich.
Vielleicht ist es ja einmal interessant eine Rückmeldung eines Menschen, der inkontinent und deshalb auf eine Versorgung angewiesen ist, zu erhalten:
Ich empfinde das Tragen einer Windel nicht als entwürdigend. Mir gibt dieses Hilfsmittel die Möglichkeit neben der hygienischen vor allem meine sozialen Kompetenzen zu erhalten und wahrzunehmen. Gleiches gilt in meinem Fall auch für den Rollstuhl. Ich bin nicht daran "gefesselt"!!! Er ermöglicht mir erst ein "normales" Leben zu führen.
Es kann also keineswegs von dem Menschen entwürdigender Nutzung von Windeln
pauschal gesprochen werden!
Einen sehr interessanten Artikel mit der Überschrift "Die Würde des Menschen ist antastbar" kann man unter Spiegel-Online finden:
www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,685376,00.html
Was mich natürlich auch noch brennend interessiert: Gilt deine Einstellung ausschließlich bei alkoholisierten Jugendlichen oder auch bei alkoholisierten Erwachsenen, Schlaganfallpatienten, Demenzerkrankten, Bettnässern...?
Grüße
Matti