Uro-onkologisches Symposium: "Jeder Prostatakrebs ist anders, jeder Patient auch" /
Experten fordern: Lebensqualität bei Therapie berücksichtigen /
Brachytherapie besonders schonend
14.03.2007
Köln (ots) - Wird Prostatakrebs rechtzeitig erkannt, bieten
Operation, Brachytherapie und Bestrahlung gleiche Heilungschancen.
Der Fokus sollte daher verstärkt auf die Nebenwirkungen der
Behandlung gerichtet werden - so der Tenor beim Uro-onkologischen
Symposium am 3. März in Köln. Das Westdeutsche Prostatazentrum
diskutierte mit namhaften Experten über Möglichkeiten und Grenzen der
Diagnostik und Therapie.
Bestrahlen, operieren, Implantate einsetzen oder erst einmal
abwarten - über 40 000 Männer werden in Deutschland jedes Jahr mit
der Diagnose Prostatakrebs konfrontiert und stehen vor der
schwierigen Aufgabe die "richtige" Behandlung zu wählen. "Hierzulande
rückt die Operation und damit die Entfernung der Prostata noch immer
häufig in den Mittelpunkt der Therapieüberlegungen", erklärt Dr.
Stephan Neubauer, Urologe und leitender Arzt im Westdeutschen
Prostatazentrum, "Dabei stehen heute mit modernen Formen der
Strahlentherapie mehrere gleichwertige Behandlungsmöglichkeiten zur
Verfügung." Dass die Radikal-OP jedoch mit zum Teil gravierenden
Konsequenzen für den Patienten verbunden ist, zeigen
wissenschaftliche Untersuchungen: 10-15 Prozent der Patienten können
nach der Operation den Urin nicht mehr halten, 50-70 Prozent leiden
an Impotenz. "Wir müssen bei der Wahl der geeigneten Therapie nicht
nur über die Heilungsrate, sondern auch über die Nebenwirkungen
nachdenken", fordern daher die Experten auf dem Kölner Symposium.
Die Art der Behandlung scheint indessen, wie aktuelle Studien(1)
belegen, auf die Heilung nur wenig Einfluss zu nehmen: Operation,
äußere Bestrahlung und Brachytherapie (innere Bestrahlung) führen zu
gleichen Heilungsraten - vorausgesetzt der Tumor wird frühzeitig
erkannt, nämlich dann, wenn der Krebs noch auf die Prostata begrenzt
ist. "Eindeutig schlechtere Karten haben dagegen Patienten, die sich
keiner Behandlung unterziehen", sagt Privatdozent Dr. Hans Heinzer,
leitender Oberarzt der Klinik für Urologie im Universitätskrankenhaus
Eppendorf in Hamburg. Eine schwedische Studie(2) konnte zeigen, dass
die Sterblichkeit nach 6-8 Jahren gegenüber behandelten Patienten
deutlich höher ist.
Brachytherapie: Effektiv und schonend
Für das Frühstadium des Prostatakrebses gilt die Seed-Implantation
als gleichwertig wirksames Verfahren zur Radikal-OP, ist aber für den
Patienten wesentlich schonender. Inkontinenz wird praktisch nicht,
Impotenz mit 10-30 Prozent nach drei Jahren wesentlich seltener
beobachtet als nach einer Operation. Erektionsstörungen treten
außerdem nicht wie bei der operativen Entfernung der Prostata direkt
auf, sondern entwickeln sich schleichend. Unter ständiger
Ultraschallkontrolle werden bis zu 80 kleinste Strahlenquellen
(Seeds) in die Prostata eingesetzt. "Die Seeds verbleiben im Körper
des Patienten und entfalten über Monate ihre Strahlenwirkung auf das
Prostatakarzinom", so Dr. Gregor Spira, Strahlentherapeut am
Westdeutschen Prostatazentrum. "Das Tumorgewebe wird durch die
hochdosierte, gezielte Strahlung von innen zerstört."
Zur Behandlung von fortgeschrittenen Stadien oder aggressiven
Tumoren zeigen aktuelle Studien die Überlegenheit der so genannten
Afterloading-Therapie gegenüber Operation, äußerer Bestrahlung und
Seed-Implantation. Unter Ultraschallkontrolle werden spezielle
Hohlnadeln in die Prostata eingesetzt. Nach einer exakten,
computergestützten Bestrahlungsplanung durch den Strahlentherapeuten
fährt dann eine hochaktive Strahlenquelle in die implantierten Nadeln
und bestrahlt den Tumor vor Ort. Der Vorteil: "Der Tumor kann unter
Schonung des umliegenden Gewebes wesentlich stärker bestrahlt werden
als bei einer äußeren Strahlentherapie", erklärt Privatdozent Dr.
Razvan Galalae, stellvertretender Direktor der Klinik für
Strahlentherapie der Universität Kiel.
Generell gilt: Prostatakrebs ist ein langsam wachsender Krebs. Die
Experten auf dem Kölner Symposium raten daher allen Patienten, sich
intensiv mit den Behandlungsmöglichkeiten auseinanderzusetzen, bevor
sie gemeinsam mit dem behandelnden Arzt eine Therapieentscheidung
treffen. Auch eine Zweit- oder sogar Drittmeinung ist in vielen
Fällen sinnvoll. "Es darf nicht sein, dass ein Mann vor dem Kauf
eines neuen Autos besser informiert ist, als vor der eigenen
Krebsbehandlung", resümiert Neubauer.
(1)Kupelian PA et. al.: Radical prostatectomy, external beam
radiotherapy <72 Gy, external beam radiotherapy > or =72 Gy,
permanent seed implantation, or combined seeds/external beam
radiotherapy for stage T1-T2 prostate cancer. Int J Radiat Oncol Biol
Phys. 2004 Jan 1;58(1):25-33.
(2)Bill-Axelson A. et. al.: Radical prostatectomy versus watchful
waiting in early prostate cancer. N Engl J Med. 2005 May
12;352(19):1977-84.
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Andrea Hertlein
Westdeutsches Prostatazentrum
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