Eine der Folgen der radikalen Prostatektomie ist die Harninkontinenz - trotz verbesserter Operationstechniken.
Die Ursachen liegen in einer Nichtfunktion des Harnröhrenschließmuskels, der Blase oder des Nervensystems, da die Operation in das Kontinenzsytems des Mannes eingreift.
Die postoperative Inkontinenz kann durch eine auf den verbliebenen Harnröhrenschließmuskel gerichtete Physiotherapie behandelt werden.
Das Kontinenztraining darf nicht allein auf Beckenbodenübungen reduziert sein.
Der Patient muss die Kontinenz wieder erlernen, um ein Stück Lebensqualität zurück zu gewinnen.
Daher stellt sich die Frage, ob die klassische Beckenbodengymnastik auch zur Behandlung der postoperativen männlichen Harninkontinenz übernommen werden kann.
Der “Musculus sphinkter urethrae externus”, ( der äussere Schliessmuskel, Harnröhrenschliessmuskel ), der die Harnröhre hufeisenförmig distal, ( unterhalb, etwas entfernt ), der Prostata umschliesst, ist durchaus in der Lage, nach Resektion des internen Sphinkters, ( des inneren Schliessmuskels, zwischen Prostata und Blase gelegen, nur einige Muskelfasern ), eine Kontinenz zu gewährleisten.
Der der äussere Schliessmuskel ist von großer Bedeutung im Harnblasen-Schließmuskelsystem des Mannes, da der interne Sphinkter nur sekundär zur Kontinenz beiträgt.
( Der interne Schliessmuskel ist primär dafür da, um den Erguss des Ejakultates in die Blase während eines Orgasmus zu verhindern ! )
Der äussere Schliessmuskel, ( Harnröhrenschliessmuskel ), ist in der Lage, nach der radikalen Prostatektomie die Kontinenz alleine zu gewährleisten.
Der Aufbau des Kontinenztrainings bei prostatektomierte Patienten sollte auch an die klassischen Phasen der Wundheilung angepasst sein.
Generell kann nach Entfernen des Katheters sofort, aber stufenweise, mit dem Kontinenztraining begonnen werden.
Der Patient sollte auch darüber informiert werden, dass er die Übungen des Kontinenztrainings im Durchschnitt sechs Monate durchführen muss, bis sich eine ausreichende Kontinenz einstellt.
3.6.2 Biofeedback
Das Biofeedback-Training ist eine aus der Psychologie entstammende Lernstrategie. Es handelt sich um ein “Lernen durch Verstärkung”, daher ist es für jene Patienten sinnvoll, die den externen Schließmuskel nicht realisieren können.
Hierbei wird mittels eines akustischen oder optischen Signals dem Patienten die Kontraktionsleistung des äusseren Schliessmuskels zurückgemeldet.
Bei Männern nach radikaler Prostatektomie werden in der Regel Rektalelektroden verwendet, dabei sollte der die Spannung aufnehmende Teil des Sensors möglichts in der Nähe des äusseren Schliessmuskels plaziert sein.
Eine weitere Form des Biofeedbacktrainings ist die Videoendoskopie.
Sie sollte nur bei Patienten eingesetzt, bei denen durch das bisherige Kontinenztraining keine Verbesserung eingetreten ist und welche den externen Schließmuskel nicht im Körper spüren können.
Der Arzt führt ein Endoskop in die Harnröhre so weit ein, bis er den externen Schließmuskel sehen kann und das Bild wird auf einen Fernsehschirm für alle Anwesenden sichtbar gemacht.
Der Arzt kann somit den willkürlichen Verschluss des äusseren Schliessmuskels begutachten und der Patient erhält eine definitive Information darüber, ob er den Schließmuskel auch wirklich anspannt.
Der behandelnde Physiotherapeut sollte ebenfalls anwesend sein, da entsprechende Übungen bereits während der Videoendoskopie durchgeführt werden können.
Fazit :
Es liegt immer am Beckenbodenmuskel, nur muss hier der “richtige” trainiert werden......
Viele Betroffene trainieren eher den Afterschliessmuskel als den Harnröhrenschliessmuskel.
Nach der OP ist der Muskel geschockt und daher etwas lahmgelegt.
Er muss also wieder “zum Leben erweckt werden”.
Aber es kann durchaus passieren, dass bei der OP auch der äussere Schliessmuskel beschädigt oder gar ganz entfernt wird.
Auch hier hilft das Beckenboden-Muskeltraining gegen eine Inkontinenz, wenn auch nur tagsüber, da der Muskel willkürlich gesteuert wird und bei Schlaf erschlafft.
Nachts ist dann ein Kondom-Urinal sehr hilfreich.....
Gruß
Eck
hard