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Hilfsmittel für Stuhlinkontinenz

06 Mai 2015 21:24 #11 von Johannes1956
Lieber Sebald,

Schön, wieder einmal von Dir zu lesen.

Ich stimme Dir zu, aus diesem Zitat ist keinesfalls abzuleiten, dass ein MS Parient mit 68% Wahrscheinlichkeit an Stuhlinkontinenz erkranken wird.

Außerdem steht hier ja, dass anorektale Störungen bei MS Patienten häufig sind und bis zu 68% betroffen sind. Erstens wird hier von anorektalen Dysfunktionen geschrieben und nicht von Inkontinenz alleine und zweitens steht hier bis zu. Da fragt sich, was dieses bis zu meint, in welchen untersuchten Populationen?

Außerdem ist zwischen Prävalenz und Inzidenz zu unterscheiden:

Inzidenz bezeichnet die Anzahl neu auftretender Fälle (z. B. erstmaliger Drogenkonsum, Delinquenz, Krankheit) in einer gegebenen Population während einer bestimmten Zeit (meist 1 Jahr).

Prävalenz bezeichnet dagegen die gesamte Anzahl Fälle (z. B. Drogenkonsumierende, Alkoholkranke) in einer definierten Population zu einem Zeitpunkt oder während einer definierten Zeitdauer, z. B. einem Jahr.

Bei der Inzidenz orientierten Betrachtung geht es eher um präventive Maßnahmen, bei der Prävalenz orientierten Betrachtung eher um therapeutische Maßnahmen.


Ich werde mir das Originalpaper besorgen und nachlesen......


Ja, und dann sprichst Du ein Kernproblem an, dass in der Geriatrie der Betroffene oft gar nicht mehr entscheiden kann und die für ihn optimale Lösung aus diversen finanziellen und organisatorischen Gründen gar nicht zur Anwendung kommt. Ich erinnere nur an die Beiträge hier, die sich mit dieser Problematik schon beschäftigt haben.

Hanna, es freut mich, dass ihr meine Anregung aufgenommen habt, dass dies dadurch an Komplexizität zunimmt, ist verständlich. Du kannst ja versuchen, die verschiedenen Grunderkrankungen mit Attributen zu versehen und die verschiednen Hilfsmittel ebenso. Über die Attribute kannst Du dann verknüpfen oder im einfachsten Fall mit unterschiedlichen Pivot Auswertungen die Zusammenhänge auch grafisch darstellen. Mit Pivot lässt sich viel machen, wenn man vorher genau überlegt, welche Eigenschaften/Attribute definiert werden müssen.

Hoffe, ich habe mich verständlich ausgedrückt,

Alles Gute weiterhin,


Johannes

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12 Mai 2015 22:08 #12 von Johannes1956
Liebe Hanna,

Ich habe mir jetzt die von Dir zitierte Originalliteratur besorgt. Leider führt diese nicht sehr weiter, denn die Aussage, dass bis zu 68% der MS Patienten von Fekaler Inkontinenz (FI) betroffen sind, stammt von einer zitierten Literaturstelle:

Hinds JP, Eidelman BH, Wald A. Prevalence of bowel dysfunction in multiple sclerosis. A population survey. Gastroenterology 1990;
98(6):1538–1542

Aus dieser Stelle wird auch zitiert, dass auch bei milden Formen der MS 24% de Patienten von FI betroffen sind.

Wenn man nun wissen will, was dieses "bis zu" bedeutet, welche Subpopulationen also betroffen sind, muss man die zitierte Arbeit lesen, ich werde sie mir besorgen. Wahrscheinlich wird dort diese Aussage wieder mit einem anderen Zitat belegt, ich kenne das, dieses Zitieren und Abschreiben und wenn man die getroffene Aussage ganz zurückverfolgt stößt man mitunter auf nicht mehr nachvollziehbare Publikationen aus dem Jahre Schnee.

Nun, es interessiert mich und ich werde nachforschen. Was aber noch drinnen steht, dass ein Teil der FI gar nicht durch MS an sich verursacht wird, sondern iatrogene Ursachen hat, sprich Nebenwirkungen von Medikamenten zugrunde liegen. Angeführt werden Muskelrelaxantien wie Baclofen. Also bekommt zumindest ein, hier nicht näher spezifizierte Teil der MS Patienten nicht durch MS ein Problem mit fekaler Inkontinenz, sondern durch die Behandlung der MS.

Weiters wird ein Algorithmus vorgestellt, welcher nach der Vemeidung von medikamentösen Nebenwirkungen auch Ballaststoff Supplemenation vorsieht und Biofeedback und dann bei Versagen transanale Irrigation empfiehlt.

Ich lese daraus, dass Deine Aussage, ich habe MS und habe damit eine 68%ige Wahrscheinlichkeit stuhlinkontinent zu werden, einfach nicht stimmt und MS Betroffenen eine falsche Perspektive gibt.

Ballaststoff Supplementation, richtige Medikamentenwahl, Biofeedback bilden eine gute Basis, Stuhlinkontinenz zu vermeiden. Gelingt dies nicht, ist Irrigation der empfohlene Weg und nur in besonderen Fällen schlägt man den Weg zu speziellen Medikamenten ein.

Die Lehre daraus? Und das gilt nicht nur für MS Betroffene, das gilt auch für neurogene Blasenentleerungsstörungen und viele andere Erkrankungen, mit denen Betroffene hier auftauchen. Nicht gleich mit medikamentösen Kanonen schießen. Erst konservative Behandlungsstrategien ausprobieren.

Ich hatte auch am Anfang meiner Blasenentleerungsstörung ein Parasympathikomimetikum verschrieben bekommen. Was hat es gebracht? Durchfall bis zur Stuhlinkontinenz. Teufel mit Belzeebube austreiben.

Hoffe, eure Studien gehen gut voran und wir lernen noch mehr darüber, welche Hilfsmittel und therapeutischen Ansätze die richtige Wahl für jeden einzelnen Betroffenen sind.

Johannes
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14 Mai 2015 07:47 #13 von Johannes1956
Für diejenigen, die es näher interessieren mag, habe ich mir jetzt die erwähnte Literaturstelle besorgt und gelesen.

Die Kernaussage in dieser Studie ist, dass Stuhlinkontinenz bei MS Patienten bislang (also vor der 1990 publizierten Arbeit) unterschätzt wurde und Probleme mit Verstopfung mehr in Betracht gezogen wurden.

Dies liegt nach Interpretation der Autoren daran, dass häufig vorselektierte Patientengruppen untersucht wurden und Patienten nicht gerne und freiwillig über Inkontinenz berichten, wohingegen Verstopfung häufiger angegeben wird.

Von bis zu 68% Wahrscheinlichkeit in Bezug auf Stuhlinkontinenz ist hier überhaupt nicht die Rede. Das Wort bis zu kommt auch kein einziges Mal vor, ist also von den nachfolgenden Autoren, welche jene Arbeit zitieren, frei erfunden worden.

In der Arbeit steht, dass in der untersuchten Population von 280 unselektierten MS Erkrankten die Prävalenz von "Bowel dysfunction" 68% betragen hat. Als Bowel dysfunction wird definiert entweder Verstopfung und/oder Stuhlinkontinenz, welche zumindest einmal im Untersuchungszeitraum von 3 Monaten aufgetreten war.

Die methodische Untersuchung lief über Fragebögen. Die Ergebnisse wurden in Relation zu einer ebenfalls befragten Kontrollpopulation gesetzt.

Jetzt kommt es: Verstopfung trat in 43% der MS Patienten auf, dieses Problem wurde aber auch häufig in der Kontrollpopulation berichtet (wen wundert es bei einer Weißbrot und Burger essenden, bewegungsarmen US Population) dennoch bei MS Patienten höher war. Und, wen wundert das, die Häufigkeit war mit dem Alter zunehmend. Bei über 59 jährigen wurde bei MS Patienten in 56% über Verstopfung berichtet, in der Kontrollgruppe immerhin noch in satten 23%.

Bei der Stuhlinkontinenz war der Unterschied höher, hier wurde bei den über 59 jährigen in der MS Population in 57% der Fälle das Problem berichtet und in der Kontrollgruppe in nur 15% Prozent.

Dann wurde der signifikante Zusammenhang mit Muskelrelaxantien untersucht, der in der anderen Arbeit auch zitiert wird.

Die Schlussfolgerung dieser Arbeit ist, dass Verstopfung nicht als Leitsymptom der MS betrachtet werden kann, obwohl bei einigen Patienten die Verstopfung ein früher Indikator für die Erkrankung sein kann. Verstopfung wird mehr im Zusammenhang mit der Immobilisation gesehen, wenngleich die Signifikanz bei MS Patienten höher ist.

In dieser Studie wird auf das davor wenig beachtete und unterschätzte Problem der Stuhlinkontinenz vor allem in Zusammenhang mit Medikation verwiesen und die Notwendigkeit, sich mit dieser Problematik auseinanderzusetzen, um einen richtigen therapeutischen oder präventiven Ansatz zu finden.

Ich hoffe, ich habe die Arbeit für alle verständlich interpretiert, wenn es dazu noch Fragen gibt beantworte ich sie gerne.

Johannes
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14 Mai 2015 09:27 - 14 Mai 2015 09:28 #14 von Pamwhy
Lieber Johannes,

du hast dich da ja wirklich mal wieder rein gekniet, ich finde das total super von dir.... auch deine wissenschaftliche Interpretation ist wie immer sehr interessant, aber für mich nicht sehr verwunderlich, du kannst es halt einfach :)

Das mit der Verstopfung würde ich aber nicht pauschal mit Burgern und Weißbrot abtun. Das habe ich seit Jahren nicht gegessen und leide, bei meiner Ernährung für mich absolut nicht nachvollziehbar, seit etwa zwei Jahren auch heftig unter Verstopfung.

Bis demnächst und ganz, ganz...
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14 Mai 2015 09:54 #15 von Johannes1956
Liebe Pam,

Danke für die Blumen. Solche Arbeiten lesen und interpretieren gehört ja fast schon zu meinen Hobbies. Klar hat Verstopfung viele Ursachen, aber es geht um die Häufigkeit innerhalb einer Population und da hat die US Population sicherlich eine höhere Rate als, sagen wir, die Inuit. Das ist wie mit dem Diabetes und vielen anderen Erkrankungen, die in der Häufigkeit eng mit der Ernährung verbunden sind.

Im Einzelfall gibt es immer die unterschiedlichsten Ursachen, so wie auch Nichtraucher an COPD erkranken können, trifft es Raucher viel häufiger und im Einzelfall kann auch ein Raucher ohne Erkrankung ganz alt werden, aber die Wahrscheinlichkeit an COPD oder Lungenkarzinom zu erkranken ist eben höher. Und genauso ist die Häufigkeit von Verdauungsproblemen eng mit der Ernährung verknüpft.

Apropos Ernährung, ich habe heute (bei uns ist heiliger Feiertag) Gäste und muss mich dem Köcheln widmen. Es gibt Lammstelzchen mit Gemüse und Erdäpfel im Rohr geschmort, es ist schon alles geschnippelt und mit frischen Kräutern aus dem Garten gewürzt, das Backrohr ist bereits vorgewärmt und die Griechische Musik aufgedreht. Zur Feier des Tages gibt es auch für mich heute ein Sechzehntel Retsina.

Alles Gute

Johannes

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14 Mai 2015 10:48 #16 von Pamwhy
Lieber Johannes,

mit deinen Beschreibungen machst du mir den Mund wässrig, ich hatte bisher nur einen Kaffee..... ;)

Bis dann und ganz, ganz

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14 Mai 2015 11:15 #17 von Johannes1956
Liebe Pam,

Hab Dir Foto geschickt, ist fertig. Du kannst kommen und nach dem Essen Hassaposerviko mittanzen.

Johannes
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