Hallo Xammi,
dann hoffe ich einmal, dass ich nicht auch noch "karge Informationen" gebe. Ich lass dich mal an meinen Gedankengängen teilhaben.
Es scheint, dass du viele Fragen hast, die über den üblichen Erfahrungsaustausch zwischen Betroffenen hinausgehen. In solchen Fällen ist es wichtig zu betonen, dass eine medizinische Einschätzung oder individuelle Beratung am besten von einem Facharzt erfolgen sollte, nicht von der Selbsthilfegruppe. Selbst wenn der Austausch in einer solchen Gruppe wertvolle Einsichten und Unterstützung bieten kann, ersetzt er nicht die professionelle Diagnose und Therapie, die nur medizinische Experten leisten können. Dennoch gibt es einige allgemeine Informationen und Strategien, die ich teilen kann, die möglicherweise hilfreich für dich und andere sein könnten.
Das Problem, das du beschreibst, klingt frustrierend und herausfordernd, insbesondere in Kombination mit den anderen gesundheitlichen Problemen, die du erlebt hast. Reizblase und Blasentraining sind Themen, die häufig komplex und individuell verschieden sind, daher kann es schwierig sein, allgemeine Ratschläge zu finden, die für jeden funktionieren.
Einige Punkte, die dir vielleicht helfen können, basierend auf den Fragen und der Situation, die du geschildert hast:
Blasentraining und Gewöhnung der Blase: Ziel des Blasentrainings ist es, die Blase daran zu gewöhnen, größere Mengen Urin zu speichern. Ein Ansatz ist das schrittweise Verzögern des Wasserlassens, um die Blase zu "trainieren". Wenn du bisher maximal 300 ml hältst, könnte es daran liegen, dass die Blasenkapazität selbst eingeschränkt ist oder der Drang, Wasser zu lassen, zu früh einsetzt. Beide können durch konsequentes Training möglicherweise verbessert werden.
Blasentraining nach der Uhr: Das regelmäßige Wasserlassen nach einer Uhrzeit soll helfen, die Blase an einen neuen Rhythmus zu gewöhnen und dabei übertriebenen Harndrang zu vermeiden. Der Tipp, nicht hastig auf Toilette zu eilen, sondern den Beckenboden anzuspannen, könnte dazu beitragen, den Drang zu mindern und die Kontrolle über die Blase zu verbessern. Unterschiedliche Ansätze bei widersprüchlichen Empfehlungen könnten daher auf unterschiedliche Ziele abzielen.
Trink- und Wasserlassrhythmus: Die Idee, nach der Uhr zu gehen, ist, der Blase beizubringen, länger durchzuhalten. Du könntest versuchen, eine individuell angepasste Balance zu finden, die sowohl den Zeitpunkt als auch die Menge an auszuscheidendem Urin berücksichtigt. Da sich dein Rhythmus zwischen Vormittag und Nachmittag unterscheidet, könnte es darauf hinauslaufen, dass du zu unterschiedlichen Tageszeiten unterschiedliche Strategien ausprobieren musst.
Trinken und Blasenkapazität: Die Menge und Art des Trinkens können einen Einfluss haben. Weniger, aber häufiger zu trinken, könnte dabei helfen, die Blase nicht zu überfordern. Umgekehrt könnte das Trinken höherer Mengen auf einmal herausfordernder sein, könnte aber unter ärztlicher Anleitung dabei helfen, die Speicherkapazität der Blase zu vergrößern.
In Bezug auf deine persönliche Geschichte ist es wichtig, dass du mit deinem medizinischen Fachpersonal darüber sprichst, wie deine früheren Operationen und dein derzeitiger Gesundheitszustand das Blasentraining beeinflussen könnten. Leider scheint es so, als ob dein Urologe und andere Fachleute, die du konsultiert hast, dir bisher nicht optimal weiterhelfen konnten. Ist aber auch nicht einfach.
Da du mit Medikamenten negative Erfahrungen gemacht hast und alternative Therapien wie Elektrostimulation und Tibialisstimulation nur begrenzte Ergebnisse gebracht haben, wäre es sinnvoll, ein interdisziplinäres Team in Betracht zu ziehen, das möglicherweise Urologen, Psychologen und Physiotherapeuten umfasst.
Kentera-Pflaster könnten eine Alternative sein. Sie enthalten den Wirkstoff Oxybutynin und werden zur Behandlung von überaktiver Blase eingesetzt. Der Hauptvorteil von transdermalen Pflastern wie Kentera gegenüber oralen Einnahmeformen ist die konstante Freisetzung des Medikaments über einen längeren Zeitraum, was zu gleichmäßigen Wirkstoffspiegeln im Blut führen kann. Dadurch können Nebenwirkungen, die bei oraler Einnahme von Oxybutynin häufiger auftreten, reduziert werden. Das Pflaster wird direkt auf die Haut aufgetragen, und der Wirkstoff wird durch die Haut in den Blutkreislauf aufgenommen, was die Leberpassage umgeht und die Bioverfügbarkeit verbessern kann.
Eine andere Möglichkeit zur Behandlung einer überaktiven Blase ist die Botulinumtoxin-Injektion, häufig als Botox bezeichnet. Botox wirkt durch die Blockierung der Freisetzung von Acetylcholin aus den Nervenenden, die die Muskelkontraktion in der Blase steuern. Dies führt zu einer Entspannung der Blasenmuskulatur und damit zu einer Reduzierung der Symptome einer überaktiven Blase. Der Vorteil von Botox besteht darin, dass es eine langfristige Wirkung haben kann und Patienten möglicherweise nur alle 6 bis 12 Monate eine Behandlung benötigen. Allerdings erfordert die Anwendung von Botox eine Injektion direkt in die Blasenwand, was invasiver ist als die Anwendung eines Pflasters.
Professionelle Unterstützung bei chronischen Blasenproblemen sollte immer individuell angepasst sein, und manchmal erfordert es Geduld und das Ausprobieren verschiedener Ansätze, um zu einer spürbaren Verbesserung zu gelangen.
Soweit mein Latein...
Gruß
Matti