Hallo zusammen,
ich bin vor einiger Zeit bei meinen Recherchen auf dieses Forum gestoßen und war einerseits beeindruckt von der Kraft die viele von euch aufbringen mit teils enormen Lebenseinschnitten klar zu kommen, andererseits hat es sich aber auch gut angefühlt nicht völlig alleine zu sein mit den Problemen die ich habe.
Verglichen mit anderen Beschwerden sind meine wohl – zumindest noch – nicht ganz so schlimm aber dadurch das sich die Situation nun schon über ein Jahr zieht, geht es langsam an die Substanz. Ich merke wie sehr mich die ganze Sache belastet. Ich möchte hier einfach mal von meiner Erkrankung erzählen und habe die Hoffnung, dass vielleicht der oder die eine oder andere ähnliche Symptome hat und mir vielleicht Tipps geben kann. Ich bin übrigens 38 Jahre alt.
Begonnen hat alles im Januar letzten Jahres. Da merkte ich, dass ich auf einmal immer ziemlich dringend zur Toilette muss, wenn ich denn muss. Das war so für mich eine neue Erfahrung denn das Gefühl einer vollen Blase war zuvor eher subtil und nicht so drängend. Vielleicht sollte ich dazu sagen, dass ich bereits seit vielen Jahren Probleme mit nachträufelndem Urin hatte. Dieses Problem hatte sich in den Jahren immer ein wenig verstärkt, war allerdings nie so groß, dass ich wirklich etwas dagegen unternommen hätte (klar, ein Besuch beim Urologen ist nun mal nicht gerade eine schöne Sache). Es war halt einfach nur nervig das ich nach jedem Toilettengang ein Tuch in die Unterhose legen musste, und dieses dann kurz nach dem Toilettengang noch einmal wechseln musste, weil noch einige Tröpfchen nachgelaufen sind. Dieses Gefühl einer feuchten Unterhose fand ich schon immer sehr störend.
Um jedenfalls wieder zu meinem jetzigen Problem zurückzukommen: Die Beschwerden des plötzlichen und drängenden Wasserlassens nahmen nicht ab sondern eher zu. Der Druck war auszuhalten, es war aber schon sehr störend. Im Laufe der Zeit haben sie die Symptome dann immer weiter verschlechtert. War es anfänglich noch so, dass ich nur phasenweise diesen Drang hatte, nahm die Häufigkeit doch deutlich zu. Auch die Intensität hat sich deutlich verstärkt. Damals war es noch so, dass ich den Krampf ganz gut aushalten konnte und dies dann auch getan habe – so kann ich mich beispielsweise noch gut an einen Spaziergang erinnern, den ich drei Stunden lang mit immer wieder kehrenden Krämpfen absolviert habe, einfach weil ich mir von meinem Körper nicht diktieren lassen wollte, wie ich mein Leben zu leben habe und wann ich auf die Toilette muss (geht halt auch nicht immer). Mittlerweile sind die Krämpfe so stark, dass es ab und zu auch zu leichten Inkontinenzfällen kommt (meist nur ein paar Tröpfchen) aber das belastet mich psychisch sehr. Der Drang ist teilweise so stark, dass ich nur noch total verkrampft durch die Gegend humpeln kann. An Blasentraining ist oftmals nicht zu denken, da der Drang so stark ist, dass alles in mir schreit „Toilette“!
Eine ziemlich ungewöhnliche und blöde Kombination ist bei mir, dass ich scheinbar nicht nur eine Reiz- bzw. Krampfblase habe (gibt es da eigentlich einen Unterschied?), sondern auch noch unter einer Blasenentleerungsstörung leide. So habe ich oftmals das Gefühl, dass die Blase nicht richtig leer ist wenn ich im Krampf gepinkelt habe. Manchmal geht es bei mir dann schon eine halbe Stunde später wieder los mit den (dollen) Krämpfen, das ist sehr deprimierend. Ich hatte schon Fälle , in denen ich 320 ml gepinkelt habe und nach 50 Minuten dann nochmal 360 ml (das sind schon Höchstwerte, für gewöhnlich fasst meine Blase leider deutlich weniger – meist so 200 bis 250 ml). Vorgestern war wieder so ein Fall, da war ich pinkeln (schätzungsweise 200 ml – ich vermeide es mittlerweile zu messen, da ich sonst oftmals ganz entsetzt bzw. deprimiert bin wie wenig meine Blase doch fasst – zumindest im Verhältnis zu der Dringlichkeit).
Mein Gefühl ist, dass meine Blase eigentlich nicht das Problem ist sondern eher die Krämpfe die „darübergelegt“ sind. Die Krämpfe kommen oftmals recht schnell (ab etwa 200 ml, manchmal in bestimmten Situationen auch schon bei weniger) und sind immer phasenweise. In der Phase in der die Krämpfe dann gerade nicht sind, fühlt sich meine Blase auch nicht im geringsten voll an, also eigentlich sind das Fake News meiner Blase. Dieses richtige Gefühl das die Blase voll ist hatte ich schon sehr lange nicht mehr weil die Krämpfe einfach dieses normale Gefühl überlagern. So passiert es manchmal zum Beispiel auch, dass ich starke Krämpfe habe, dann den zur Toilette gehe weil ich den starken Drang verspüre und während ich auf die Toilette gehe oder wenn ich dort bin der Krampf vorüber ist und es mir schwer fällt, überhaupt zu pinkeln bzw. ganz wenig kommt weil meine Blase ja eigentlich nicht wirklich voll ist. Aber die Krämpfe sind dann halt auch viel zu stark um länger zu warten, bis die Blase wirklich voll ist. Das würde ich nicht aushalten weshalb Toilettentraining auch nicht wirklich gut für mich funktioniert.
Außerdem leide ich auch zusätzlich darunter, dass ich kaum abschätzen kann, wie sich meine Blase verhält. Es gibt Tage an denen pinkele ich deutlich mehr als ich getrunken habe und es gibt Tage, da scheint mein Körper wieder Wasser zu speichern und ich muss recht selten auf die Toilette und habe dann schon mal 3-4 Stunden Ruhe (in seltenen Fällen auch bis zu 7 Stunden, was dann schon etwas unheimlich ist – zumal dann vielleicht 200 ml rauskommen). Meine Trinkmenge halte ich recht konstant bei etwa 1,5 Litern täglich deshalb finde es es merkwürdig, dass es diese Abweichungen gibt, also quasi „Speichertage“ und „Abgabetage“.
Eine weitere Sache ist mir noch aufgefallen und zwar spielt Bewegung eine ganz wichtige Rolle bei meinen Krämpfen. So geht der Krampf oftmals dann los, wenn ich gesessen habe und dann aufstehe, auch eher beim laufen als wenn ich sitze. Und ganz extrem wenn ich gelegen habe und dann aufstehe. Morgens ist es dann so, dass dieser Krampf angestoßen wurde, in der Blase aber bei weitem keine 200 ml sind weil ich nachts schon pinkeln war. Diese Krämpfe enden oftmals erst dann, wenn ich auf der Toilette war, manchmal lässt sich so ein Krampf aber auch abwenden, wenn ich mich hinsetze. Im besten Fall kann ich dann für längere Zeit sitzen (mehrere Stunden) bevor die Blase sich dann wieder meldet. Manchmal geht es auch im sitzen los aber Bewegung begünstigt das ganze definitiv. Meine Urologin vermutet, dass meine Krampfblase von Verspannungen her rührt. Ich knirsche schon seit Jahren mit den Zähnen, habe Skoliose und es kann sein, dass ich meine Blase jahrelang falsch genutzt habe (habe immer nach dem Pinkeln mehrmals die Peniswurzel angezogen damit die Tropfen rauskommen und nicht so viel nachläuft – das war vielleicht nicht die beste Idee). Meine Urologin vermutet, dass Blasenmuskulator und Beckenmuskulator synchron arbeiten und asynchron wie es eigentlich sein sollte.
Ich kann hier ja mal meine bisherigen Behandlungen auflisten:
- Einnahme verschiedener Spasmatika, alle ohne feststellbarem Erfolg (außer Nebenwirkungen - bei zwei Präparaten die die Blut-Hirn-Schranke überwinden hatte sich meine Sehfähigkeit verringert)
- Einnahme von Betmiga (kein Effekt, dafür aber Herzstolpern und evtl. sogar Vorhofflimmern)
- Blasenspiegelung (kein Tumor, beginnende obstruktive Prostatavergrößerung die allerdings wohl normal ist – sowohl beim Tasten als auch beim Ultraschall zeigte sich die Prostata ansonsten nicht auffällig)
- zweimalige Uroflow-Untersuchung (Druckkurve ist nicht sonderlich stark (maximal Flow 23 ml/s) und während der Miktion sind Ausschläge (=Krämpfe) zu sehen
- Urodynamik (max. Blasenkapazität 270ml, maximaler flow nur 13,7ml/s, Restharn 40-50ml, Blasenwand deutlich verdickt)
- Einnahme zwei verschiedener Prostatamedikamente ohne positiven Effekt, eines der Medikamente steigerte den Harndrang bis zu einem kaum mehr beherrschbaren Zustand.
- Physiotherapie ohne feststellbare Verbesserung
- Osteopathie ohne feststellbare Verbesserung
- seit neuestem Pohltherapie (bisher drei Sitzungen) ohne feststellbare Verbesserung
In der Pohltherapie wurde allerdings festgestellt, dass ich Triggerpunkte an meinen Bauchmuskeln habe (vor allem an den Strängen der seitlichen Bauchmuskeln im Schambereich) und das meine Faszien gerade im Bauchbereich sehr verhärtet sind (war sehr schmerzhaft).
Was mich besonders fertig macht ist, dass ich eigentlich keine Möglichkeit habe meine Erkrankung in irgendeiner Weise positiv zu beeinflussen. Egal was ich tue – es wird nicht besser. Ich fühle mich völlig ausgeliefert ohne die Möglichkeit irgendeiner Einflussnahme. Was mich besonders fertig macht ist die Tatsache, dass niemand so wirklich weiß woher meine Beschwerden kommen. Die Verspannungen klingen am logischsten aber auch da hätte doch irgendeine Besserung durch die regelmäßigen Übungen eintreten müssen, oder? Wenn ich Sport (dabei werden auch die Bauchmuskeln trainiert) gemacht habe, habe ich das Gefühl, das die Beschwerden oftmals stärker sind. Vor einigen Monaten bin ich morgens mal aufgewacht und konnte 480 ml pinkeln. Das war ein schönes Gefühl das meine Blase grundsätzlich so viel speichern kann (hat sie danach aber nie wieder während ich gemessen habe). In der Nacht wache ich meistens auf um einmal pinkeln zu gehen, da sind dann zwischen 320 und 380ml in meiner Blase.
Ich weiß auch überhaupt nicht wie ich mich verhalten soll. Soll ich die Krämpfe möglichst lange aushalten damit meine Blase nicht schrumpft mit der Gefahr, dass ich dann noch schneller verkrampfe? Soll ich im Krampf gehen oder eher zwischen den Krämpfen (auch wenn dann nicht so viel kommt)? Ich bin ziemlich ratlos. Kennt jemand diese oder ähnliche Symptome? Kann mir jemand Tipps geben? Ich wäre sehr dankbar für jede Form der Hilfe.
Fragt mich bei Fragen gerne jederzeit, ich versuche sie so gut wie möglich zu beantworten.
Vielen Dank schon einmal im Voraus und euch allen alles Gute und viel Kraft.