Hallo Karlchen,
gut das wir diese Diskussion führen. Ja, du hast recht, in dem von mir verlinkten Artikel steht tatsächlich nicht um, sondern auf.
Es gibt zahlreiche Artikel zu dieser Studie im Internet, fast alle sprechen von eine Reduktion um und nicht auf 3,3 bzw. 3,4 Harninkontinenzepisoden. Deshalb habe ich mir noch einmal den englischen Orginaltext der Studie angeschaut.
Dort steht:
The mean reduction in episodes of urgency urinary incontinence per day over the course of 6 months, from a baseline average of 5.0 per day, was 3.4 in the anticholinergic group and 3.3 in the onabotulinumtoxinA group (P=0.81).
Tja, was ist den jetzt richtig? Um oder auf? Die unterschiedliche Darstellung der Studienergebnisse in diversen Medien ist ja schon einmal gründlich zu hinterfragen.
Die Antwort könnte auch
dieser Artikel
geben, der die Studienergebnisse fast aller Anticholinergika aufzeigt. Darin wird deutlich, dass die Reduktion von Inkontinenzepisoden unter Anticholinergika mitunter gering ausfällt, auch im Vergleich zum Placebo. Dagegen steht das viertel bis drittel der Betroffenen die völlige Heilung erfährt und die positive Reduktion der Episoden. Andere Gründe, ausserhalb der reinen Reduktion von Harninkontinenz, die die Gabe sinnvoll erscheinen lassen, habe ich bereits genannt.
Einen großen Unterschied sehe ich in der Wirksamkeit bei neurogene Detrusorhyperaktivität und idiopathischer (bedeutet, ohne feststellbare Ursache, und hat (zumeist
) nichts mit Idiot zu tun) Drangsympomatik. Anticholinergika haben eine bewiesene Wirkung in der Kombination mit dem intermittierenden Katheterismus die Voraussetzung dafür sind, dass die Betroffenen zwischen den Katheterisierungen kontinent werden.
Anticholinergika, richtig indiziert, also mit gründlicher Abklärung, vorheriger konservativer Behandlung und Auschluss der Ursachen, halte ich für gerechtfertigt. Tatsächlich muss man sich aber einmal Gedanken darüber machen, ob die pauschale Anwendung/ Gabe von ja häufig mit heftigen Nebenwirkungen einhergehenden Anticholinergika den immer so sinnvoll und vor allem Mittel der ersten Wahl ist.
In dem in diesem Beitrag hier verlinkten Artikel ist zu lesen:
Erst wenn konservative Behandlungsmaßnahmen wie Wahrnehmungsschulung, Training des Trinkverhaltens, Miktions- und Beckenbodentraining bei der überaktiven Blase keinen Behandlungserfolg zeigen oder aufgrund der Patientencompliance nicht erfolgversprechend erscheinen, sollte eine spezifische Pharmakotherapie erfolgen.
Dies dürfte es ziemlich genau treffen.
Interessant finde ich auch den zwar statistisch signifikanten Unterschied zwischen einer Behandlung mit Anticholinergika und einem Placebo, aber auch die Tatsache wie "wirkungsvoll" doch Placebos sind. Die Konzentration und Auseinandersetzung mit der Blase und Miktion, beisielsweise durch das Führen eines Miktionstagesbuchs oder dem bewußteren Trinkverhalten, scheint ja dann tatsächlich "Wunder" zu wirken, oder zumindest in einigen Fällen die wahren Ursachen aufzudecken.
Sehr, sehr interessant, wenn man den Goldstandard (Bezeichnung von Verfahren, die bislang unübertroffen sind) einmal näher betrachtet, hinterfragt und sich die Frage stellt welchen Hintergrund und wer Profiteur der allgemein positiven Aussagen zur Therapie mit Anticholinergika ist.
Trotzdem bleibt mir aber auch der Satz:
Am Ende der sechs Monate gaben rund 70 Prozent der Frauen in jeder Gruppe an, ihre Symptome seien hinreichend unter Kontrolle.
in Erinnerung.
Sehr kritisch würde ich allerdings die Aussage (einen Tenor), und den damit vermittelten Eindruck, betrachten, die dazu raten sich Diagnostik und Therapie nicht (nicht mehr) zu stellen, weil es Hilfsmittel gibt, die die Folgen der Symptomatik ausgleichen würden. Dies widerstrebt allem, was ich unter Aufklärung, Hilfestellung und Selbsthilfearbeit verstehe.
Dein Beispiel mit dem Antibiotikum hinkt.
Angesichts der bereits heute steigenden Resistenzen sollte die "goldene Regel" bei der Verschreibung von Antibiotika gelten: So wenig wie nötig und so gezielt wie möglich. Die Ursachen der nicht Wirksamkeit von Antibiotika liegt nicht etwa daran, dass es sich nicht um ein hoch wirksames Mittel handeln würde, sondern in der inflationären Verordnungspraxis, ohne Sinn und Verstand.
Damit setzt man die Zukunft von Antibiotikum leichtfertig aufs Spiel.
Nachdenklich...
Matti
edit: Zur Frage von Dezember:
Hallo,
ich habe noch eine Frage an euch, darf ich zu dem Wirkstoff Mirabegron ein stärkeres Beruhigungsmittel zum durchschlafen einnehmen?
Danke
Du hast schon verstanden was dieses Forum hier ist? Die Beantwortung dieser Frage durch ein Laienforum dürfte strafbar sein.
Nur mal so zur Erinnerung. Auf allen Seiten unserer Homepage steht:
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edit vom edit: @Dezember:
Es ist völliger Käse die Tablette Mal zu nehmen und Mal nicht. Anticholinergika bauen einen Wirkstoffspiegel auf. Die Wirkung (wenn den überhaupt, nach deinem Bericht war es aber ja so) setzt
nicht "zwei Minuten" nach der Einnahme ein.